Kreiszeitung: Führung fordert Kampf bis zur letzten Patrone

Eine Dokumentation von Jürgen Theiner / 16.17. April 1995

 

SS-Bataillon sollte die Briten zum Stehen bringen

 

Der Optimismus der „Bremer Zeitung“ blieb unerschütterlich. „Eine Kampfgruppe, die in den letzten Tagen durch Freiwillige aus den Reihen der SA verstärkt wurde, errang im Kampfraum südlich Bremen Erfolge“. Welche, das blieb den Bewohnern der südlichen Randgemeinden verborgen. Mitte April 1945 zahlten auch die Stuhrer und Weyher den Preis für den Angriffskrieg des NS-Regimes, der im September 1939 begonnen hatte.

 

Das Schicksal des „Großdeutschen Reiches“ war seit dem Sommer 1944 besiegelt. Im Juni landeten angloamerikanische Streitkräfte in der Normandie, zugleich brach an der Ostfront eine sowjetische Offensive los, die in stetem Fluss bis nach Berlin führte. Anfang März überqueren die Westalliierten den Rhein, jede geordnete Verteidigung bricht daraufhin zusammen. 

 

In Bremen denkt die NS-Führung jedoch keineswegs ans Aufhören. Parteileitung und Kampfkommandant Generalleutnant Becker wollen die Hansestadt bis zur letzten Patrone verteidigen. Dazu gehört es, die Niederungen im Norden und Süden zu überfluten, um den heranrückenden Briten das Vordringen zu erschweren. Entlang der Ochtum werden Gebiete in Dreye, Kirchweyhe, Brinkum, Stuhr, Huchting und Hasbergen unter Wasser gesetzt.

 

Die Verteidigung des Bremer Südabschnitts soll im wesentlichen vom 18. SS-Panzergrenadier-Ersatz- und Ausbildungsbataillon geleistet werden, verstärkt durch kleinere Marine-, Flak- und Volkssturmeinheiten. Die SS-Einheit ist zu diesem Zweck aus der zusammenbrechenden holländischen Front herausgezogen worden. Die sechs Kompanien mit rund 1500 Mann bestehen zum Teil aus Hitlerjungen, bis dato unabkömmlich gestellten Fachkräften, Zöllnern und Ausländern in deutschen Diensten. Dies zusammengewürfelte, nur mit leichten Waffen ausgerüstete Truppe erhält die Aufgabe, die Briten auf der Linie Moordeich-Brinkum-Dreye zu stoppen.

 

Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Krieg Stuhr und Weyhe nur gestreift. Alliierte Flieger, die bei Luftkämpfen über Bremen abgedrängt werden, klinken ihre Bomben über Brinkum und Stuhr aus. Am 6. November 1944 beschießt ein Tiefflieger einen mit Luftwaffenhelferinnen besetzten Bus, drei junge Frauen sterben. Dies ist freilich nur ein Vorgeschmack auf das, was im Frühjahr 1945 kommen soll.

 

In den ersten Apriltagen rücken die Briten rasch aus südwestlicher Richtung vor, die Ortschaften des heutigen Südkreises fallen ihnen wie reife Früchte in den Schoß. Die 7. Panzerdivision stößt auf der Suche nach unzerstörten Brücken entlang der Weser nach Norden vor, eine weitere englische Brigade nähert sich Bremen über Twistringen, Bassum und Syke.

 

Die SS-Einheit richtet unterdessen ihren Befehlsstand in Försters Gasthaus ein, wenige Meter vom heutigen Einmündungsbereich B6/B51. Die Soldaten bauen Erdbefestigungen, beziehen Quartier in Privathäusern, Scheunen, Ställen und in der Schule, der Volkssturm legt Panzersperren an – genau wie in Kirchweyhe, wo ldie Briten am Abend in die Außenbereiche eindringen.