Endkamp in Leeste - Hermann Dierks

Der folgende Beitrag wurde den Heimatblättern von Hermann Dierks, einem Einwohner Leestes zur Verfügung gestellt. Er schildert eigene Erlebnisse aus dem April 1945

 

„Einige Einwohner der Hauptstraße in Leeste/Schlade  evakuierten sich selbst, begaben sich in Richtung Westen und wurden von den Anwohnern der Alten Poststraße  in Obhut genommen.

 

Da sich die Lage am nächsten Tag etwas beruhigt hatte, verließen uns die Einwohner aus Schlade wieder in Richtung Schlade.

 

Die deutschen Soldaten hatten in der Zwischenzeit auf dem Grundstück des Schuhhauses Dreier' an der Hauptstraße eine Panzerabwehrkanone in Stellung gebracht und einen Vorposten als Beobachter an der Ecke Hauptstraße-Kirchstraße in einem Mannloch postiert, der dort aber nicht lange auszuharren brauchte, denn die Engländer hatten in der Zeit auch nicht geschlafen, sondern in  den Häusern von Malermeister Híineke und Jonny Frese  Scharfschützen in Stellung gebracht.

`

in der Nacht zum 10. April 1945 rollten englische Panzer und kleıne bewaffnete Kettenfahrzeuge aus Richtung Melichiorshausen kommend neben.der mit Kopfsteinen gepflasterten Melchiorshausener Straße in Richtung Leeste.  Der erste Grund war die teilweise verminte Straße, der zweite, dass  sie die' Kettenlaufwerke schonen wollten.

 

Nach Erreichen  der Häuser von Leeste, fuhr sich ein Panzer hinter dem Haus von Albert Suhling am Gänsekamp in moorigem Bodenfest. Beim Versuch, ihn wieder frei zu bekommen, zerriss die Kette des Laufwerks, so dass der Panzer von seiner Besatzung aufgegeben und verlassen wurde. Bevor alles dieses geschah, wurde die Kanone in Richtung Leeste blockiert. Der Panzer wurde nach etwa einer Woche mit einem Bergungspanzer befreit. Auf dem Grund von Johann Rumpsfeld-Hüdepohl errichteten die Engländer eine Geschützstellung, um von dort aus Bremen unter Beschuss zu nehmen, welches auch tagelang geschah.

 

Auch über die Westerheide in Richtung Leeste rollten englische Militärfahrzeuge, die dann in die Straße An der Beeke einbogen. An der Beeke in Höhe der Poststelle Dunkhase fuhr ein mit englischen Soldaten besetztes Mannschafts-Kettenfahrzeug auf eine Mine und blieb kampfunfähig liegen; einige englische Soldaten wurden mit einem Sanitätskraftwagen abtransportiert.

 

Ein verwundeter SS-Soldat (offene Schädeldecke) wurde notverbunden und mit einem Bollerwagen unter eigener Lebensgefahr zum Hauptverbandsplatz in die Hördener Schule gebracht. 

 

Dieses geschah am 13. April 1945 auf dem Grundstück von Johannes Block-Ahrens. Ob der Soldat überlebte, ist fraglich. 

Am selben Tag kamen zwei versprengte, sehr junge SS-Soldaten mit in Anschlag gerichteten Maschinenpistolen auf der Straße Westermoor in Richtung Alte Poststraße. Bevor sie sie erreichten, rief ein englischer Scharfschütze aus dem Dachfenster eines gegenüber liegenden Hauses: "Hands up!"

 

Sofort schossen beide SS-Soldaten nach diesem Dachfenster, hatten aber nicht damit gerechnet, dass in einem anderen Dachfenster ein anderer Scharfschütze postiert war, der die beiden blutjungen Soldaten erschoss.

 

Nach einigen Stunden wurde der Schneidermeister Hermann Meyer von den Engländern beauftragt, die Leichen zu bestatten.

 

Dieses wurde notdürftig auf dem Grundstück von "Opa Lütjemeier" unter einem Fliederbeerbaum ausgeführt. Nach einigen Wochen, als sich die Lage beruhigt hatte, wurden die beiden auf dem alten Friedhof neben der Marienkirche beigesetzt. 

 

Im Gasthaus Schnakenberg befand sich eine Befehlsstelle der Waffen-SS, in der Schule Hörden ein Hauptverbandsplatz der Wehrmacht. In den Kamphandlungen in und um Leeste sind 43 namentlich erfasste, zehn weitere unbekannt gebliebene deutsche Soldaten und zwei unbekannte Flak-Helferinnen gefallen. Ihre Geburtsjahre reichen von 1896 bis 1928; der Jüngste war 16 Jahre und gut fünf Monate alt geworden. Diese Wehrmachtsangehörigen sind bis zum15. April 1945 in Leeste gefallen und haben auf dem dortigen Friedhof neben der Marienkirche ihre letzte Ruhe gefunden. Der Sohn eines Bauern, der schwer verwundet gerade auf Genesungsurlaub bei seinen Angehörigen war, wurde von einem Granatsplitter getroffen und starb daran in der Heimat. 

 

Bei den Endkämpfen in Leeste sind mindestens 15 Wohnungen mit Stallungen sowie Nebengebäude den Kampfhandlungen zum Opfer gefallen.

 

Die englischen Militärkolonnen bewegten sich in Richtung Brinkum, um sich dort für einen Großangriff auf Bremen zu sammeln. Die von den Engländern gefangen genommenen deutschen Soldaten mussten mit erhobenen Händen vor einem Panzerspähwagen den Weg in die ungewisse Gefangenschaft antreten. Die Kampfhandlungen in Leeste endeten am 15. April 1945. Es dauerte aber noch über eineinhalb Wochen, bis auch die Leiden der bremischen Bevölkerung beendet waren.