Paul Athmann
Auf der Halbinsel zwischen "Alter Weser" und der Weser wurde in Dreye die sog. „Inselziegelei“ von 1877 bis 1926 betrieben. Besitzer waren Johann Ahrens (geb. 1857, gest. 1937, Sohn des 1890
gest. Halbmeiers Heinrich Ahrens in Ahausen Nr. 7) und Heinrich Dörgeloh. Ab 1906 auch als Ziegelei Meyer & Ahrens geführt.
Im Jahre 1875 hatten Heinrich Ahrens aus Ahausen und Johann Heinrich Dörgeloh aus Kirchweyhe die durch die Weserverkürzung von 1778 entstandene Insel, auch „Mahndorfer Erdzunge“ oder „Königsinsel“ genannt, vom Amt Syke gekauft. Diese Insel war 1780 von den Mahndorfer Weiden abgeschnitten worden, als mit einem Durchstich der Weserlauf begradigt wurde. Zunächst lag sie damit zwischen dem neuen Weserbett und dem alten (d.h. der heutigen „Alten Weser“).
Landesaufnahme von 1900: Oben links die beiden Arster Ziegeleien, daneben (schon auf Dreyer Gebiet) Hinrich Ahrens, unten rechts die Wehrmannsche Ziegelei (Dörgeloh). Zwischen Weser und Alter Weser in Dreye ist die Dreyer Inselziegelei (Joh. Ahrens & Heinrich Dörgeloh) eingezeichnet.
Zu dieser Zeit ist die "Insel" schon eher eine Halbinsel und mit dem Sudweyher Wielt verbunden.
Der Plan des Bauantrags von 1877 zeigt die geplante Lage der ersten Ziegelei-Gebäude auf der „Mahndorfer Erdzunge“. Da die Ziegelei direkt an der Weser liegt, also im Vordeichsland bzw. im Überschwemmungs-Gebiet, ist eine besondere Aufmerksamkeit der Behörden gegeben. Andererseits liegt sie weit genug von vorhandener Bebauung, so dass eine Feuergefahr durch den Brennofen nicht vorhanden ist. Lediglich ein „fiskalischer Schoppen“, also ein dem Amt Syke gehörender Geräteschuppen, scheint gefährdet.
Der Lageplan vom 28.April 1877 aus dem Gründungsantrag zeigt die zu errichtenden ZiegeleiGebäude (rot) an der Weser neben zwei Geräteschuppen, wovon einer dem Besitzer Hinrich Ahrens gehört, und
der andere dem Vorbesitzer der Insel, dem Amt Syke. Dort wurden die Gerätschaften für die wiederkehrenden Arbeiten am Weserufer gelagert.
Das Gewässer südlich der Ziegelei ist die „Alte Weser“, auf dem Plan mit „kleine Weser“ bezeichnet. Auf der anderen Seite dieses Gewässers liegt die Holzfabrik Glade.
In den Plan ist auch die Grundstücksgrenze zum Sudweyher Wielt („Gemeinde-Wiese“) eingezeichnet. Das Grundstück selbst ist mit „angekaufte Wiese des Halbmeiers Heinr. Ahrens, Ahausen, und des
Halbmeiers J.H. Dörgeloh, zu Kirchweyhe“ bezeichnet.
Geschichte der Inselziegelei
Hinrich Ahrens (geb.1823, gest.1890) heiratet Anna Beke Kuhlenkamp (geb.1825, gest. 1904) aus Emtinghausen, vom Hof Ahausen Nr. 7 (Ahrens-Diekmann).
Hinrich Ahrens kauft die Kötnerstelle Ahausen Nr. 13 (Helmken, Größe ca. 40 Morgen) und vereinigt sie mit seiner Stelle.194
Die Ziegelei wird dann 1877 von seinem Sohn, Johann Ahrens (geb. 1857, gest. 1937) auf der "Mahndorfer Erdzunge" errichtet. 195 Johann ist zum
Zeitpunkt der Gründung erst 20 Jahre alt.
Eigentümer dieser Insel sind 1877 Johann Ahrens' Vater Heinrich (Hinrich) Ahrens und der Brinksitzer Johann Heinrich Dörgeloh in Kirchweyhe. Dieser ist identisch mit dem Kötner Johann Heinrich
Dörgeloh in Sudweyhe Nr. 25, Eigentümer der später Wehrmann'schen Ziegelei. 196
Johann Ahrens stellt im April 1877 den Bauantrag.
In der Baubeschreibung wird gelistet:
a. ein Brennofen
b. ein Trockenschauer
c. desgleichen
Der Brennofen ist noch als Feldbrandofen ausgelegt, also noch kein Ringofen. Er ist 50 Fuß breit und 40 Fuß tief.
Im Juni 1877 beauftragen die Interessenten des Sudweyher Wielts den Inspektor Lohmann aus Sudweyhe und den Halbmeier Heinrich Bischoff, ihre Einwendungen gegen die Ziegelei zu vertreten. Die Verhandlung wird auf den 16. Juni 1877 angesetzt. Der genaue Ausgang der Verhandlung ist nicht überliefert, wird aber wohl negativ für die Interessenten ausgefallen sein.197 Die Anlage wird nämlich im Juli 1877 genehmigt. Die einzige Auflage ist die Verlegung des existierenden kleinen Schuppens des Antragstellers, um die Feuersgefahr für den „fiskalischen“ Geräteschuppen zu mindern.
Am 15. Mai 1884 beantragt Johann Ahrens, statt des "gewöhnlichen Ziegelofens" eine RingofenAnlage errichten zu dürfen. Der Antrag wird am 20. Juni 1884 genehmigt. 198
Nach dem Plan wird der Ofen direkt an der Weser errichtet.
Eingezeichnet ist auch ein „Wohnhaus“. Neben dem Ofen sind 2 „Trockenhütten“ sowie ein „Steinhaus mit Ständern und Ziegeln“ vorhanden. Die Gebäude sind mehr als 125 m von „Gladens Fabrick“
entfernt. Hiermit ist die Holzfabrik von Christoph Glade gemeint, die hinter dem Weserdeich lag und von der Ziegelei durch die „Alte Weser“ getrennt war.
Der Ringofen hat 10 Brennkammern und ei-nen zentralen Schorn-stein
Grundriss und Quer-schnitt des Ringofens aus dem Antrag v. 20.6.1884
Von 1891 – 1895 werden auswärtige Arbeiter bei der Ziegelei beschäftigt. Sie kommen zumeist aus dem Ort Nalhof im Lippischen. Unter ihnen ist auch August Wehrmann, der ab 1898 als Ziegeleimeister die Leester Ziegelei führen wird. 189
Jahr | Ziegler | Jahr | Ziegler |
1891 | 7 | 1894 | 0 |
1892 | 7 | 1895 | 6 |
1893 | 7 |
Im Jahre 1895 schreibt die Syker Zeitung:
"In Dreye befinden sich außerdem noch die beiden Dörgeloh'schen Ziegeleien mit Ringofen und Handbetrieb. Dieselben beschäftigen 25 Arbeiter und produzieren jährlich ca. 1,5 Millionen Mauersteine
und etwa 100000 Dachpfannen, die vorzugsweise in Bremen und auch in der Umgegend von Dreye Abnahme finden." 200
Mit den beiden Ziegeleien sind die Inselziegelei von Johann Ahrens und die Ziegelei an der Rieder Straße (später Wehrmann) gemeint. Bei beiden war Johann Heinrich Dörgeloh beteiligt. Ob
die Beteiligung an der Inselziegelei schon bei der Gründung bestand, ist nicht dokumentiert. Dörgeloh war aber immer auch Mitbesitzer der „Königsinsel“, auf der die Ziegelei errichtet worden
war.
Johann Heinrich Dörgeloh stirbt im Juni 1898 - in Kirchweyhe und nicht auf seinem Hof in Sudweyhe, den er offenbar bereits seinem ältesten Sohn übergeben hat, vielleicht, als dieser 1889 heiratete. 201
In den Jahren 1899 bis 1914 werden immer wieder auswärtige Ziegler, insbesondere lippische und polnische Wanderarbeiter bei der Ziegelei beschäftigt.202
Jahr | Ziegler | Jahr | Ziegler |
1896 | 6 | 1905 | 2 |
1897 | 0 | 1906 | 12 |
1898 | 8 | 1907 | 17 |
1899 | 7 | 1908 | 16 |
1900 | 7 | 1910 | 5 |
1901 | 7 | 1911 | 14 |
1902 | 0 | 1912 | 29 |
1903 | 7 | 1913 | 10 |
1904 | 10 | 1914 | 11 |
Der Ziegeleibesitzer B. Meyer beantragt die Errichtung eines Kesselhauses.203 Der zuständige Wasserbauinspektor verlangt am 21.6.1906 die Einreichung eines Lageplans mit Bauzeichnung. Da das zu errichtende Gebäude im Überschwemmungsgebiet der Weser liege, solle ihm solange die Errichtung verboten werden, bis er die Genehmigung vom Bezirksausschuss vorliegen habe.204
1906/07/08/10 werden Johann Ahrens (inzwischen Halbmeier in Ahausen Nr. 7) und Johann Heinrich Dörgelohs Schwiegersohn Brün Meyer (Kirchweyhe Nr. 67) als Besitzer der Ziegelei bezeichnet.205
Brün Meier hatte durch die Heirat mit der Tochter von Johann Heinrich Dörgeloh die Ziegelei auf der Dreyer Insel geerbt und war dadurch ab 1906 zum Ziegeleibesitzer geworden.
Die Täglichen Nachrichten Brinkum melden 1920: „Die Dreyer Insel-[…]Ziegelei“ hat „noch ihre Maschinen und Geräte, so daß sie in absehbarer Zeit ihre Tätigkeit wieder aufnehmen“ kann.
206
Der Betrieb der Ziegelei wird 1926 wegen Tonmangels eingestellt. 1929
Im Jahr 1929 wird die Inselziegelei im Hintergrund auf einem Foto einer Badegruppe an der alten Weser festgehalten
1935 lagen auf der Insel zwischen alter und neuer Weser noch die Gebäude der Ziegelei. Das untere Foto zeigt im Vordergrund ein Schiff, das am Kai des Dreyer Hafens auf der Weser liegt.
Die Planzeichnung von 1937 zeigt die (Halb-) Insel und unten rechts die Lage von 6 Ziegeleigebäuden.
Ein Ausschnitt aus einem anderen Foto von 1937 zeigt die Gebäude aus einer anderen Perspektive. Im Vordergrund der Weserdeich. Foto: Archiv W.Meyer
Der Besitz der Insel mitsamt der Ziegelei ging mit der Heirat von Anna Ahrens und Heinrich Wetjen auf den Gutshof Wetjen in Sudweyhe über. Vermutlich verkaufte Brün Meier seinen Anteil an der Ziegelei. Heinrich Wetjen einigte sich dann später mit Bultmann über den Kiesabbau auf der Insel. Ab 1963 baute Bultmann den Kies der Insel ab. 208
Auf dem Luftbild von 1945 erkennt man die Ziegelei noch auf einer großen Halbinsel zwischen den Weser-Armen. Ein Großteil dieser Halbinsel wurde ab 1963 von der Firma Bultmann "weggebaggert" und
damit ein kleiner Badesee für die Weyher und Bremer geschaffen.
Während die Ziegelei 1945 in den letzten Kriegstagen der Dreyer Bevölkerung als Bunker bzw. Versteck gedient hatten 209, wurden die Trockenschuppen
und das Maschinenhaus nach dem Krieg vom Wassersportverein "Wiking" als Lagerhalle für die Boote (Kanus) genutzt.
Schon 1949 hatten ein paar Kirchweyher Jungs sich zusammen getan, einen kleinen Boots-Schuppen gezimmert und auf dem alten Ziegeleigelände aufgestellt. Später nutzten sie das alte Maschinenhaus als Vereinsheim.
Um 1952 wohnte auch die Familie Fritz Begemann in der Ziegelei. Sie zog dann nach Sudweyhe, bevor der Komplex dem Erdboden gleichgemacht wurde. 211
1958 mussten die Segler bzw. Kanuten sich eine neue Unterkunft suchen, da die Wasserwirtschaftsbehörden eine Räumung des Außendeichs-Geländes angeordnet hatten. Im Zuge des Ausbaus der Mittelweser und der Veränderung der Deichlinie durch Eindeichung der Mahndorfer Marsch sei mit höheren Wasserständen zu rechnen. 210
Der Heimatfilm „1100 Jahre Weyhe“ hielt 1960 die Ruinen der Ziegelei – mit den Resten des Ringofens - im Farbbild fest. 212
Nachdem die Ziegelei abgerissen war, begann der Kiesabbau: Der Abbau des Sandpolders auf der (Halb-) Insel und Vergrößerung bzw. Vertiefung der „Alten Weser“ wurde durch die Firma
Hans Bultmann durchgeführt. Hier erfolgte also sozusagen eine Doppelnutzung der Bodenschätze: Zuerst wurde der Lehm von der Ziegelei abgebaut, danach der darunter liegende Sand und
Kies.
Bis etwa 1968 stehen die Anlagen zur Aufbereitung des Kieses auf der Insel, dann zieht die Bultmann KG zu einem neuen Gelände auf Sudweyher Gebiet um.
In den 1980er Jahren wird auf der Insel wild gezeltet. Dies stellt die Gemeinde Weyhe 1989 ab, indem sie einen Grünordnungsplan für das Außendeichsgelände verabschiedet. Darin wird Camping untersagt. Die Alte Weser wird danach aber zum beliebten Badesee der Weyher und Bremer.
1997 sind keine Ziegeleigebäude mehr vorhanden, und auch der Kiesabbau mit den Kiesaufbereitungsanlagen auf der Halbinsel ist längst beendet: ein Großteil der Halbinsel ist verschwunden und die
Alte Weser ist zum Badesee geworden. Die "Insel" ist über die Brücke am Dreyer Hafen erreichbar und wird im Sommer als Liegefläche der Badegäste an der Alten Weser genutzt. Nach Auskunft von
Badegästen macht man im Wasser gelegentlich Bekanntschaft mit Resten der Ziegelei. 213
Die Alte Weser ist durch einen Damm mit einem Sieltor vom Dreyer Hafenbecken getrennt.
2010 hat die Gemeinde Weyhe die Halbinsel an der Alten Weser touristisch erschlossen, indem sie einen asphaltierten Rundweg angelegt hat. Hier können sich im Sommer die Badegäste tummeln (falls das Wachstum der Blaualgen ihnen nicht den Badespaß vermiest), und im Winter die Hundehalter ihren Lieblingen freien Auslauf gewähren. Alle sichtbaren Spuren der ehemaligen Ziegelei sind beseitigt.
o die Entstehung des Tons in der Wesermarsch
o die ökonomischen und technischen Voraussetzungen
o Ziegelei Hinrich (Segelke) Ahrens
o Tonabbau
o Übersicht der Weyher Abbauflächen
o Lorenbahn zur Ziegelei Wehrmann
o Lorenbahn zur Ahauser Ziegelei
o Lorenbahn zur Leester Ziegelei
o Lorenbahn bei anderen Ziegeleien