Paul Athmann
Mit dem Aufkommen der Dampfmaschine und dem Wegfall von Zollschranken ergreifen die Söhne von Weyher Kötnern und Brinksitzern im 19. Jahrhundert die sich ihnen bietenden neuen Chancen und gründen
Ziegeleien, Dampfmühlen oder Holzfabriken.
Christoph Glade (geboren 1803) war der Sohn eines Kirchweyher Kötners und versuchte zunächst in Kirchweyhe, später in Dreye, Unternehmen zu gründen. Er war Zimmermann und Holzhändler, 1848 auch
Kalkhändler. Mit der Holzfabrik in Dreye gelang ihm schließlich ab 1850 die Schaffung von vielen Arbeitsplätzen.
1854 beantragt Christoph Glade die Errichtung einer Holzfabrik (Holz- und Furnierschneidemühle) am Weserdeich in Dreye. In einem Fabriken-Verzeichnis f. Kirch- und Sudweyhe v. 4. Januar
1860 wird das Unternehmen als "Dampfsäge-Fabrik zu Dreye von Christoph Glade" aufgeführt. Damals werden hier 34 männliche Arbeitskräfte registriert. Produkte: "Zigarren-Kisten-Bretter von
Zedern-Holz" und "Tannen-Dielen". Absatzgebiete: Braunschweig, Magdeburg, Leipzig, Berlin, Rheinprovinzen. Später soll Glade über 100 Arbeiter beschäftigt haben.
1869 stellt Chr. Glade einen Antrag auf die Anlegung einer Röhrenleitung durch den Deich, um „Weserwasser zu seiner Dampf-Sägemühle und Schuhfabrik“ leiten zu können. Er plane eine
Geschäftserweiterung durch eine Lohgerberei, wozu die „Gewinnung des zu diesem Geschäft erforderlichen Wassers“ dienen solle. Ob diese Leitung genehmigt wurde, ist zweifelhaft, da das
Wasserbauamt eine negative Stellungnahme abgibt: Eine solche Leitung gefährde die Sicherheit des Deiches. Auch der „Landcommissair“ Trampe in Verden, Syke und Hoya stimmt gegen das Projekt.
Mit dem Aufkommen der Dampfmaschine ist eine industrielle Verarbeitung des aus dem Weserbergland kommenden Holzes möglich geworden. Die Einrichtung des Deutschen Zollvereins für das Gebiet
Preußens und Hannovers lässt die Zölle auf der Weser entfallen. Da gleichzeitig die Bremer Zigarrenfabrikanten ihre Produktion ins Hannoversche nach Hemelingen verlagern, kann Glade das
Zigarrenkistenholz ebenfalls zollfrei dorthin liefern. Außerdem werden "Tannendielen" hergestellt, und – laut dem Antrag von 1869 - auch Holzschuhe. Der Absatz der Produkte verteilt sich fast auf
das gesamte Zollvereinsgebiet: Braunschweig, Magdeburg, Leipzig, Berlin und die Rheinprovinzen.
Das als Flöße ankommende Holz wird in Dreye auf der Alten Weser in einer extra für die Fabrik errichteten Ausladestelle angelandet und mit einem Holz-Kran über den Deich gehoben. In der mit
Dampfkraft angetriebenen Sägerei werden die Stämme zugeschnitten und dann in speziellen Maschinen weiterverarbeitet. Zeitweise soll Glade über 100 Arbeiter beschäftigt haben.
Um 1850 verlegen viele Bremer Zigarrenfabriken die Produktion ins neu geschaffene Gebiet des Deutschen Zollvereins, zu dem Preußen und seit 1854 Hannover, aber Bremen zunächst nicht gehört. Hier
ist Hemelingen, das damals noch zu Hannover gehört, eine geeignete Adresse, da dort einerseits der Tabak ohne Bremer Zölle angelandet und andererseits die Zigarren in das Gebiet des Zollvereins
unverzollt geliefert werden können. Damit werden auch neue Zulieferer für die Zigarrenverpackungen aus diesem Gebiet benötigt, um Zölle dafür ebenfalls zu vermeiden. Dreye hat damit eine ideale
Lage: Hier im Dreyer Hafen kommt das Holz von der Oberweser an und kann ohne Zölle verarbeitet werden, und auch die Zigarrenkisten können unverzollt an die Fabrik ins nahe Hemelingen geliefert
werden.
Zunächst beantragt Glade 1850 den Bau der Anlegestelle am Weserdeich, abzweigend vom alten Nebenarm der Weser. Dazu wird ein Fabrikgebäude, d.h. die Holzsägerei mit der Dampfmaschine gebaut.
Gleichzeitig wird vermutlich auch eine Brücke über die Alte Weser angelegt.
Auf der Bauzeichnung des Kirchweyher Deichvogts Bormann 6 erkennt man links die Fabrikgebäude, in der Mitte den Deich mit Deichfuß und Deichkappe (mit Überweg); rechts sind 2 Schnitte durch Deich und Fabrikgebäude (Linie A-B und Linie C-D). Oben links ist das Wohngebäude (wohl von Christoph Glade) dargestellt. Ganz links am Fabrikgebäude ist vermutlich der Schornstein für die Dampfmaschine dargestellt. Die Dampfmaschine ist vor 1860 angeschafft worden. Sie stammte von der Firma F. Frerichs u. Comp. In Bremen und hatte eine Leistung von 16 PS.
Eine weitere Zeich-nung von E.F.Schrader aus dem Jahre 1867 zeigt die Krananlage am Deich, mit der das Holz aus der Aus-buchtung der Alten Weser („Bassin“) über den Deich gehoben
wurde.
Die Zeichnung 8 stellt den Deichquerschnitt an verschiedenen Stellen dar: I. Beim Anfange des Bassins, II. Beim Krahn, III. Gegenüber Mitte des Kanals, IV. 30 Fuß von der
Grenze des Deichs
1874 ist dann Johann Glade der Besitzer der Fabrik: Dem Königl. Preußischen Zollhof zu Dreye gehören zu dieser Zeit 3 Weideanteile, die durch den Eisenbahnbau betroffen sind. Zusammen
mit dem Zollhof werden sie 1874 an den Fabrikanten, Halbmeier Johann Glade in Dreye, verpachtet. Glade baute dort schon 1871 ein Häuslerhaus.9
1878 stirbt Johann und sein Erbe Claus Glade übernimmt die Fabrik. Er betreibt eine Holzschneiderei und eine Pantinenfabrik. Für den Zigarrenfabrikanten Bruns in Hemelingen liefert er weiterhin
Zigarrenkisten aus Zedernholz.
1892 jedoch, ein Jahr nach dem Tod des Firmengründers Christoph Glade, geht die Fabrik in Konkurs. 10 Der Fabrik-Komplex wird verkauft an den Konsul Vietsch aus Bremen. Sein Angestellter
Kollröde scheint einige der Häuser übernommen zu haben. Um 1910 werden die Häuser zu Wohnhäusern umgebaut. 1936 wohnt noch die Witwe Luise Kollröde in dem Haus mit der damaligen Nr. Dreye
25, die wohl für alle Häuser der Fabrik galt.
Auch im Plan der 1877 neu beantragten Inselziegelei von Johann Ahrens ist auch die "Gladesche Fabrik zu Dreye" eingezeichnet.11
Es sind 4 Gebäude, wovon eins das 1850 beantragte Fabrikgebäude sein dürfte und ein weiteres das Wohnhaus des Christoph Glade. Die Alte Weser ist als „kleine Weser“ bezeichnet. Die anderen Häuser
in der Umgebung (z.B. der Zollhof) sind nicht eingezeichnet.
Diesen Zollhof, der seine Funktion nach der Aufhebung der Zollgrenzen verloren hatte, ersteigerte Johann Glades Sohn, Claus Glade, im Jahr 1886. Dazu gehörten ein Wohn- und Viehhaus und eine
Scheune mit der Deichwiese (0,6 ha).12 Der Fabrikant Claus Glade besitzt damals 2 weitere Grundstücke am Ort (wovon sicher eins das Fabrikgelände gewesen sein dürfte).13
Holzbearbeitungsmaschinen
Unter Claus Glade werden maschinell Zigarrenkisten und Holzpantinen hergestellt. In dem 2-stöckigen Fabrikgebäude sind die Holzbearbeitungsmaschinen untergebracht.
Die dünnen Brettchen, wie sie z.B. zur Herstellung von Cigarrenkisten benutzt werden, wurden bisher gewöhnlich von vorher in entsprechender Größe zugeschnittenen Klötzen durch Kreissägen abgeschnitten und dann mit Hand oder besonderen Maschinen behobelt. Die in Fig. 4 bis 8 Taf. 4 dargestellte Maschine von Heinr. Glade in Bremen (* D. R. P. Kl. 38 Nr. 9511 vom 18. November 1879) schneidet nun die Brettchen vom Klotz ab und hobelt gleichzeitig die eine Seitenfläche, welche den vorhergehenden Schnitt zeigt; beide Arbeiten erfolgen unmittelbar nach einander. Die Maschine besorgt auch das für den Arbeiter immerhin gefährliche Hin- und Herbewegen des zu zerschneidenden Holzklotzes. […]
Der Klotz liegt auf dem Tisch zwischen zwei verstellbaren Winkeln n und wird durch eine im Tisch rechtwinklig zur Bewegungsrichtung gelagerte Schraube mittels des mit dieser verbundenen Druckstückes nach jedem Schnitt an den Anschlag gedrückt, weil der Sperrradhebel dann auf den Anschlag aufläuft. […]
Die Wirkungsweise der Maschine ist einfach folgende: Denkt man sich die Anschlagkloben für die Umsteuerung des Tisches, die Lösung und Vorbewegung des Holzklotzes der Länge desselben entsprechend eingestellt, den Tisch in der Mittelstellung und die Vorgelegewelle in Bewegung, so wird beim Umschlagen des Hebels nach links der Tisch nach rechts laufen. Kurz vor der Umsteuerung, welche durch Anlaufen des linken Anschlagklobens an den Umsteuerungshebel geschieht, wird die Stange durch Auflaufen ihrer Rolle auf den Anschlag gehoben und dadurch der Holzblock von den Druckhebeln befreit. Der Schaltwerkhebel bewirkt durch Auflaufen auf den Anschlag die Vorbewegung bis an das Winkelstück und nun erfolgt die Umsteuerung. Der Schaltwerkhebel geht, durch eine Feder getrieben, in seine Anfangsstellung zurück, die Stange wird frei und die Druckhebel legen sich auf den Block, so daß derselbe fest ist, wenn ihn die Messerschneide berührt. So passirt das Holz den Hobel und hinter diesem die Säge. […]
* 1880 reicht K. Glade ein weiteres Patent über eine Brettchenhobelmaschine ein.Eine neue Brettchen-Hobelmaschine von K. Glade in Dreye bei Bremen (* D. R. P. Kl. 38 Nr. 12853 vom 18. Juli 1880) ist ohne Anlehnung an die früher beschriebene Maschine construirt, welche die Brettchen gleichzeitig vorschneidet und auf der einen Seite behobelt, und zeigt eine für die Brettchenfabrikation sehr passende Anordnung.
Diese Hobelmaschine […] besteht im Wesentlichen aus einer um ihre horizontale Achse rotirenden Scheibe A, an deren Stirnfläche nahe dem Rande vier Hobelmesser a in einer vorspringenden Zarge K angebracht sind. Die Achse dieser Scheibe wird in dem Bocke B so gelagert, daß sie gegen Bewegungen in ihrer Längsrichtung gesichert ist und entstehende Abnutzungen der dem Drucke ausgesetzten Bunde durch Einstellvorrichtungen wieder ausgeglichen werden können; die Messerscheiben rotiren demnach stets in einer Ebene. Ein Untersatz C springt über die Stirnseite der Messerscheibe vor und trägt die Vorrichtungen, mittels welcher die zu behobelnden Brettchen an einer bestimmten Stelle an der Schnittebene der Messer vorbeigeführt werden. Dieselben bestehen zunächst aus den Tragstücken D und E, deren senkrechte Flächen auf die Schnittebene der Messer durch Anziehen der Schraubenspindeln x eingestellt werden können, ferner aus den Vorschubwalzen b mit ihren Bewegungs- und Druckvorrichtungen und einem Druckstück F, welche seine verticale Arbeitsfläche der Messerscheibe zukehrt. Das Tragstück D bildet gleichzeitig ein Lagergehäuse für die obere Walze b; die Verticalebene des Tragstückes E springt entgegengesetzt von der Schnittstelle um so viel vor die Messerebene vor, daß die an ihr vorbei geschobenen, bereits bearbeiteten Brettchen aus dem Bereiche der Messer gelangen und deshalb beim Verlassen der Maschine von den aufwärts gehenden Messern nicht mehr getroffen werden können. Sie erhält deshalb eine geringe Krümmung, welche das Brettchen beim Austritte etwas ableitet.
Die gleichzeitige Bewegung sämmtlicher Vorschubwalzen geschieht durch die Welle c, welche in dem Untersatz C parallel mit der Schnittebene gelagert ist und durch Kegelgetriebe die Walzen bethätigt. Die Stufenscheiben e und f gestatten eine Veränderung der Vorschubgeschwindigkeit im Verhältniß zur Umfangsgeschwindigkeit der Messerscheibe. Die Walzen b sowie das Druckstück F sind in Schlittenführungen gelagert und werden in diesen durch an Winkelhebeln wirkende Gewichte g, die um eine feste Stange h frei schwingen können, in der Richtung auf die Schnittfläche zu gedrückt, so daß ein von den Walzen erfasstes Brettchen sicher vorgeschoben wird.
Als wesentlich an dieser Maschine wird bezeichnet, daß die Brettchen an einer solchen Stelle unterhalb der Rotationsachse der Messerscheibe an dieser vorbeigeführt werden, daß der Schnitt halb über Zwerch erfolgt, was einestheils eine gute Arbeit sichern, anderntheils aber auch nothwendig für die sichere Führung des Brettchens während des Schnittes sein soll. Das Brettchen wird die Führungsebene von E mit seiner oberen vorangehenden Ecke bereits erreicht haben, ehe seine untere Ecke, F verlassend, in die Schnittbahn der Messer kommt. Es ist der Hauptzweck der Maschine, dünne Brettchen von einer oder nach einander von beiden Seiten zu behobeln, ohne Rücksicht darauf, ob ihre Dicke eine ganz gleichmäßige sei, und ohne sie an den dickeren Stellen mehr anzugreifen, als nöthig ist, um den Sägenschnitt zu entfernen und sie glatt zu hobeln. Aus diesem Grunde muſsten die festen Anschläge auf der Schnittfläche angeordnet werden und muſs deshalb der Anschlag E genau um die Dicke des Hobelschnittes vor dem Anschlage D vorspringen. Aus eben demselben Grunde ist die Rückseite des Futters y (Fig. 19) des Druckstückes F calottenförmig gestaltet und so in den Ständer eingebettet, um stets diejenige Lage annehmen zu können, welche das vorbeigehende Brettchen bedingt. Das Futterstück wird in seiner Lage durch eine centrale Schraube v erhalten, deren Schaft genügend Spielraum hat, um die geringe erforderliche Bewegung der Calotte in ihrer Bettung zu gestatten. Vier Schraubenfedern t dienen dazu, das Futter y stets wieder in seine Lage parallel zur Schnittebene zurückzubringen.
* 1883 wird eine verbesserte Brettchen-Schneidemaschine patentiert.
Die Firma Glade und Comp. in Bremen (* D. R. P. Kl. 38 Nr. 27439 vom 25. Oktober 1883) hat die in Fig. 9 und 10 Taf. 5 dargestellte Verbesserung ihrer früher beschriebenen Maschine zum Schneiden
von Brettchen in Vorschlag gebracht. Es wird die selbstthätige Umsteuerung der Bewegung des Arbeitstisches durch Gewichte ausgeführt, sowie der Block auf dem Tische beim Vorschübe festgehalten
und beim Rückgange behufs Vorrückung desselben losgelassen.
Durch Drehung der Schnecke c in der Richtung des Pfeiles Fig. 10 wird der Tisch mit dem Holzblocke B nach der Säge hin entsprechend verschoben. Wenn dann der am Tische sitzende Anschlag d auf
einen an der Ausrückschiene e verstellbaren Bund f trifft, so wird der mit Zahnkuppelung g verbundene, in eine Ausklinkung der Ausrückstange e eingelegte Hebel h nach links verschoben und dadurch
der die Drehung übertragende Theil der Zahnkuppelung von dem auf der Welle w drehbaren Theile abgerückt, so daſs nun die Schnecke c auf w sich frei drehen kann. Wenn das Seil z auf der Schnecke c
sich aufwickelt, wird mittels eines ebenfalls von a ausgehenden, über die Rolle b geführten Seiles s das Gewicht k gehoben und durch dieses dann der Tisch zurückgezogen, wenn die Kuppelung g
ausgelöst wird; hierbei verhindert das Gewicht k ein Verschlingen des Seiles z. […]
Zum Festhalten des Blockes B für den Schnitt und Loslassen desselben, um das Vorrücken zu neuem Schnitte zu ermöglichen, dient eine Gewichtshebelvorrichtung, deren Kloben n zum Festklemmen des
Blockes je nach Länge desselben auf der Schiene v verschoben werden können. […]
Das selbstthätige Lösen des Blockes behufs Vorrückens desselben für einen neuen Schnitt erfolgt dadurch, daſs das Gewicht p gegen Ende der Rechtsbewegung des Tisches C auf einen durch eine
Schraube am Führungsbette wagerecht verstellbaren schrägen Anschlag A stöſst, wodurch es selbst und auch die Schiene v gehoben wird, so daſs dann der Holzblock B auf dem Tische lose aufliegt.
Jetzt kann der Block mittels Hand oder Hebevorrichtung gegen den zur Bestimmung der Dicke des abzutrennenden Brettchens dienenden Anschlagwinkel D geschoben werden. […]
Bewegt sich dann nach bewirktem Vorrücken des Holzblockes an den Anschlagwinkel D der Tisch C wieder nach links hin, so wird der Block vor Beginn des Schnittes durch das beschriebene Hebelwerk
wieder festgespannt, sobald das Gewicht p von der schrägen Fläche des Anschlages A herabgleitet.
* 1885 beschreibt das Polytechnische Journal eine Fräsmaschine für Holzschuhe von Glade.
Damit durch Maschinen mit senkrechter Frässpindel in Holzschuhen eine Vertiefung hergestellt werden kann, welche dem Fuße seitlichen Halt und bequeme Auflage bietet, schlagen Glade und Comp. in
Dreye (D. R. P. Kl. 38 Nr. 30623 vom 5. September 1884) die in Fig. 11 Taf. 32 dargestellte Einspannvorrichtung für das entsprechend vorgeschnittene Pantoffelholz vor.
Das auszuarbeitende Holzstück P wird auf dem Aufspanntische o mittels der in eine Gabel endigenden Spindel e nebst Schraube und Handrad f, der mit Stiften zur Vermeidung seitlicher Verschiebung
versehenen Leiste c und der Nase d fest eingespannt. Damit der Träger F die Aushöhlung im Grunde des Pantoffelholzes in vorgeschriebener Weise ausführen kann, gleitet der Tisch o am hinteren Ende
mittels des Kugelzapfens k in einer Nut und führt sich vorn durch die seitlichen Arme m auf den gekrümmten Gleitschienen i, von denen eine zur Erzeugung einer größeren Tiefe auf der einen Seite
des Pantoffelholzes etwas überhöht ist. Die seitliche Begrenzung der Bewegung des Tisches wird durch die mit dem Tische mittels der 4 Säulen n verbundenen Platte p bewirkt, deren innere
Aussparung genau der Form der Schuhaushöhlung entspricht und welche die Rolle G der Frässpindel derart umfasst, dass die Seitenflächen der Aussparung bei der Bewegung des Tisches an der Rolle
gleiten. Die
Verstellung des Tisches o von Hand geschieht mittels des Bügels h, indem der Tisch während der Tätigkeit der Bohrspindel in alle möglichen Lagen gebracht wird, welche die Gleitstücke i und der
Rahmen p gestatten.
Der Antrieb der Frässpindel kann durch Riemenscheiben C, D und H geschehen; die Spindel ist durch Hebel L, Zugstange M und Tritthebel K senkrecht verschiebbar. Diese Verschiebbarkeit lässt sich
durch die Muttern J, J1 begrenzen und derart regeln, dass der Fräser F in dem Holzschuhe die richtige Tiefe der Ausbohrung erzeugt. Der löffelförmige Fräser F muss mit der Spitze, wie auch mit
den Seiten arbeiten.
*1887 erhält C. Glade ein Reichspatent auf spezielle Schutzvorrichtungen an diesen Maschinen. In Dinglers Polytechnischem Journal von 1889 heißt es dazu:
Bei der Schutzvorrichtung von C. Glade in Dreye bei Bremen (* D. R. P. Nr. 43785 vom 6. November 1887) werden teleskopartig einstellbare Röhren zu beiden Seiten des Sägeblattes benutzt. Auf der
Tischplatte der Säge wird ein Winkel a befestigt, in welchen die Röhren b senkrecht zu der lothrechten Platte des Winkels eingesetzt werden. In die Röhren b sind diejenigen b1 und in diese
diejenigen b2 eingepaſst, so daſs sie leicht darinnen vorgezogen und hineingeschoben werden können. Jede der Röhren b1 und b2 wird durch eine Feder selbsthätig hinausgedrückt, so daſs dieselben
gitterartig zu beiden Seiten des Kreissägeblattes stehen. Beim Andrücken des Holzes gegen das Sägeblatt werden alsdann nur so viel Röhren eingeschoben, als der Dicke des zu schneidenden Stückes
entspricht, während die darüber befindlichen Röhren in ihrer jeweiligen Stellung verbleiben. Die Federn sind nur stark genug gewählt, um die Reibung zwischen den einzelnen Röhren zu überwinden;
sie werden daher zwar nach Entfernung des geschnittenen Holzes die Schutzvorrichtung sogleich wieder einstellen, beim Schneiden selbst aber nur einer geringen Kraft zur Ueberwindung des
Widerstandes bedürfen. 15
Alle Maschinen sind offensichtlich über Riemen durch die Dampfmaschine angetrieben worden. Sie stand wohl zentral zwischen den Fabrikgebäuden (siehe Lage des Schornsteins auf dem folgenden
Lageplan).
Verkauf nach dem Konkurs
Claus Glade verkauft 1889 seinen Fabrik-Komplex in Dreye an den Bremer Konsul Gerhard Friedrich Hermann Vietsch. Dieser verkauft das Haus (Kirchweyhe Nr. 25) weiter an seinen Angestellten
Kollröde.
Die Fabrikgebäude werden vermutlich für den Sohn Hermann jun. Vietsch (* ca. 1876) gekauft. Dieser wohnt 1904 auf dem Domshof in Bremen und ist Kaufmann bzw. General-Agent der Sun Insurance
Office und der Sun Life Insurance Society in London; außerdem Havarie-Kommissar für die "Rossia" und "Nadeschda" in St. Petersburg. 16
Es wird zu diesem Zeitpunkt ein Situationsplan erstellt, in dem auch die Größe der Grundstücke eingetragen ist 17 . Der Plan ist mit dem Stempel des Hermann Vietsch jun. versehen (1894). Der
Zollhof wird darin als „Wohnhaus des Herrn Vietsch“ bezeichnet.
Angaben auf dem Plan (teilweise unleserlich):
Fabrik: 89,81 ar, davon Außenwiese vor d. Fabrik u. Haus: 58,07
Wiese beim Zollhof: 18 ar 45
A : Drolg (?) B: Woodwaiting (Warteplatz für das Holz) C: Boiler ? (Dampfmaschine?) D: (der Form nach:) Schornstein E: Un...? F: Fricking ? G: Shoemaking (Schuh-Herstellung) H: Packing Room
(Packraum) K: Anbau: abgebrochen L: Janning ? Jannerg ? Jannery? N: Timber Store (Bauholz-Lager) O: Shed (Schuppen, Lager)
Wohnhaus des Herrn Vietsch (Zollhof)
Weitere Angaben: Sogenannter Zollhof mit Haus, ... Hof und Haus, …, Blatt 3, Parzelle 64-67 Haus W. Kollröde mit Land dahinter: Blatt 3, Parzelle 102/72 Deich davor: Blatt 3, Parzelle 103/73 Fabrik ... : Blatt 3, Parzelle 104/74 linker Holzschuppen ... (auf?) Chaussee: Blatt 3, Parzelle 86/75 sogenannter Bomhof : Blatt 4, Parzelle 30/4 ... : Blatt 4, Parzelle 6 Garten daselbst: Blatt 4, Parzelle 29/8 (weitere Parzellen auf Blatt 5)
1891 stirbt Christoph Glade im 88. Lebensjahr. Im Jahr darauf geht die Firma Glade & Co., d.h. der Fabrikant Nicolaus (Claus) Glade, in Konkurs.
Über die Gründe für den Konkurs kann nur spekuliert werden. Sicherlich hat aber der Anschluss der Bremer an die hannoversch/preußische Zollunion den Wegfall aller Zollvorteile für die Dreyer Fabrik gebracht, so dass Bremische Betriebe wieder konkurrenzfähig wurden.
Die Sägerei scheint vom Bremer Konsul Vietsch weiter betrieben worden zu sein. Nach 1890 sind auch wohl noch Flöße angelandet, aber vermehrt von anderen Zimmereien weiterverarbeitet worden. Der
Zimmermann Ernst Schüttemeyer aus Erichshof erzählt in einer plattdeutschen Geschichte auch etwas über die Flößerei und den Maschinenhof in Dreye – was er von Jan Brinkmann aus der Ziegenstraße
in Leeste gehört hat:
„Bi Brün Koldeweyh in Karkweyh lehrde ick Timmermann, dar hebb ek faken den Utdruck hört "Flottholt behaun". […] Bi düsse Arbeit vertell mi Jan Brinkmann ut de Zeegenstraat in Leest:
"In use jungen Jahrn mossen wi ok düchtig wat dahn, denn de Dag harr twölf Stünn, Harvst un Winter güng't no Dreye, achtern Diek landsiets weer use Timmerplatz. Dat Holt köm
bargdal ut'n Solling in Flötte. De mossen wi erst mal ut'nannerrieten, dat weer eene sure Arbeit.
Nebenan weer ok eene Sageree, de höörde Konsul Fietz op'n Maschinenhoff. De harrn ehrn eegen Kran. Vandag sünd noch de Fundtmente to sehn. Aber wi mossen de Stämm per Hand un Peer ober'n Diek transporteern. Wat weer dat für ne smeerige Arbeit, all'ns weer glitschig un natt - de Stämm harrn ja weekenlang in'n Water leegen. So wörn de Stämm na Dickten sorteert, löter behaun , un toless aftimmert.
Dann güng de Breekarbeit wedder los, denn dat Holt möss an Ort un Stäe föhrt weern to'n Richten. De ganze Naberschaft hülp düchtig mit, denn dat natte Holt weer bannig swor. Achterher weer Husbörn. Dorbi geeft Botterkoken, warm Eeten, Sluck un Beer satt, ja sogar Muskanten." 18
Nach dem Konkurs und dem Verkauf werden 1910 die Fabrikgebäude zu Wohnungen umgebaut. 1936 wohnen dort (Kirchweyhe Nr. 25) 19 :
Plan von 1937(bearbeitet): Im ehemaligen Zollhaus wohnt "Pleuß". Rechts oben der Maschinenhof (Norden ist links). 4 Gebäude sind eingezeichnet. Das entspricht aber nicht ganz dem Luftbild von 1936, auf dem 6 Häuser erkennbar sind.
Das Luftbild aus dem März 1945 zeigt noch mehrere Gebäude an der Stelle, wo sich heute der "Maschinenhof" befindet (links die Straße "Zollhof", unten rechts die Dreyer Straße). Man erkennt auch noch den Durchstich ("Kanal" bzw. „Bassin“) von der Alten Weser zum Deich. Hier befand sich die Ausladestelle für das Holz. Von Bomben-Treffern scheinen die Häuser am Deich verschont geblieben zu sein.
Das Luftbild aus dem März 1945 zeigt noch mehrere Gebäude an der Stelle, wo sich heute der "Maschinenhof" befindet (links die Straße "Zollhof", unten rechts die Dreyer Straße). Man erkennt auch noch den Durchstich ("Kanal" bzw. „Bassin“) von der Alten Weser zum Deich. Hier befand sich die Ausladestelle für das Holz. Von Bomben-Treffern scheinen die Häuser am Deich verschont geblieben zu sein.
In den 50er Jahren verkauft Kollröde Grundstücke und Häuser an Johann Kuhlmann aus Sudweyhe. Die Familie Kollröde ist wohl danach von Dreye weggezogen. 1980 sind neue Häuser zwischen dem Maschinenhof und der Dreyer Straße entstanden. Der kleine Kanal von der Alten Weser zum Deich ist verschwunden. Am Deich ist noch das Steinfundament des Krans sichtbar, in dem ein Kugelkopf aus Stahl eingemauert ist – wohl das Lager für den Kran. Das Fundament wird dann mit der Deicherhöhung um 1999 entfernt.20
Um 2008 wohnen in den Häusern mehrere Familien, darunter auch der Besitzer des großen Fabrikgebäudes, Johann Kuhlmann.
1 StAStade Rep. 96 Verden Nr. 431: Aus- und Einladestelle des Christoph Glade bei Dreye.
2 Archiv Gemeinde Weyhe (Angaben von H.Greve)
3 HStAH Hann. 80 Hannover Nr. 12478: Antrag des Fabrikanten Glade in Dreye um Anlage einer Röhrenleitung durch den Weserdeich wegen seines Fabrikbetriebes, 1869
4 vgl. (Schwarzwälder, Geschichte der Freien Hansestadt Bremen, Bd. II,, 1987) S. 145 und 213 ff
5 StAStade Rep. 96 Verden Nr. 431: Aus- und Einladestelle des Christoph Glade bei Dreye.
6 StA Stade Karten Neu Nr. 03586: Handzeichnung von Deichvogt H. Bormann zu Kirchweyhe
7 s. http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/maschinen5/dampfdet52831.shtml mit Verweis auf die Quellle: Rühlmann: Dampfmaschinen Kgr. Hannover. In: Mitt. Gew.-Verein (1860) H. 6.
8 StA Stade Karten Neu Nr. 03587: Deichquerprofile der Ein- und Ausladestelle des Fabrikanten (Zimmermeister und Kötner) Glade zu Dreye Handzeichnung von E. F. Schrader Papier, M ca. 1:40, 38x32,5 cm, 1867
9 vgl. (Paul, 1929), S.138f
10 Archiv Gemeinde Weyhe (Angaben von H.Greve)
11 Archiv Gemeinde Weyhe: Antrag Johann Ahrens auf Anlegung einer Ziegelei auf der Mahndorfer Erdzunge, 1877
12 StAStade Rep. 98 Verden Nr. 234: Kaufvertrag C.Glade mit Domänenverwaltung (1909-1957): Dingliche Rechte des Staates an Privatgrundstücken Enthält: Kaufvertrag zwischen der königlichen Regierung - Abteilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten, Hannover, und dem Fabrikanten C.Glade, Dreye vom 15.7.1886 bzw. 16.8.1886
13 Vgl. Heimatblätter Diepholz, Nr. 8/2004 W.Gerke,
14 Die folgenden Beschreibungen sind der Interneteseite http://www.polytechnischesjournal.de entnommen
15 Reichs-Patent Nr. 43785 v. 6.Nov.1887 (C.Glade in Dreye bei Bremen) auf Schutzvorrichtung mit teleskopartigen Röhren zu beiden Seiten des Sägeblattes. s. Dinglers polytechnisches Journal, Bd. 271, J.C.Gotta, 1889
16 Angaben abgeleitet aus Einträgen im Passregister Bremen (1899) sowie im Adressbuch von Bremen 1904. 17 Archiv Syke: Situationsplan über das Vietsch'sche Etablissement zu Dreye - angefertigt auf Grund einer Neumessung im Jahre 1889 durch das Katasteramt Bassum. Mit Stempel: Herm. Vietsch junr. v. 7.Spt.94
18 Ernst Schüttemeyer, Flottholt, Flößer und de ole Timmeree, entnommen aus: www.erichshofer-platt.de
19 Adressbuch Kirchweyhe, 1936
20 Laut Hinweis von Rolf Engelhardt, Dreye, 2016 (fb-wf)
21 (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit, 1980) S.158