Geschichtsgruppe K. Hahn/W. Polley/P. Athmann
Weyhe, Juni 2021
Lage: Leeste, Leester Str. 86 , Ecke Ladestraße, direkt am Bahnhof (ehemals Haupstr., Leeste 15)
Laut KatasteramtsKarte1 von 1864 existiert schon zu diesem Zeitpunkt ein Haus an der Hauptstraße im Dorf Leeste - gegenüber dem Kurzen Weg . Aber zu diesem Zeitpunkt ist es wohl noch nicht im Besitz der Familie Schmidt: Hier wohnt Fritz Habenicht, ein Tabakhändler und Topffabrikant.
1852 wird Johann Schulte als Brinksitzer, Hufschmied und Gastwirt erwähnt. 1811 wohnte hier schon sein Vater der Brinksitzer Albert Schulte und sein Großvater Carl Schulte. Seine Frau Adelheid geb. Behrens verstirbt 1853 mit 66 Jahren und somit verkauft er die Hofstelle 1858.
1858 kauft der Topfhändler und Tabakwaren-Fabrikant Ernst Friedrich ( genannt Fritz) Habenicht die Hofstelle mit seiner Frau Anna geb. Schulte.
In der Einwohnerliste von 1861 ist Fritz Habenicht Brinksitzer und Kneiper und Johann Schulte Altenteiler und Schankwirt. Johann Schulte verstarb 1872 mit 83 Jahren und Fritz Habenicht verstarb
1882 mit 59 Jahren.
1876 kaufte Heinr. Schmidt jr. das Wohn- u. Seitenhaus mit Pferde- u. Schweinestall und Kegelhaus. Er ist ein Sohn des Brinksitzers und Gastwirtes Heinrich Schmidt sen. aus Melchiorshausen, Syker
Str. 28 (ehemals Me 10), genannt Dammschmidt.
Heinrich Schmidt sen. hat mit seiner Frau Margarethe geb. Meyer 2 folgende Kinder:
Die Familie Schmidt ist in vielfältiger Weise in das Geschäftsleben von Leeste eingebunden: Neben dem von Heinrich sen. betriebenen Gasthaus Dammschmidt mit Schmiede und Dünger-Handel gründet Heinrich Schmidt jr. das Gasthaus im Ort Leeste, und dessen Sohn Georg betreibt das Kaufhaus Schmidt gegenüber und übernimmt später das Kaufhaus Dunkhase am HenryWetjenplatz.
Heinrich sen. Tochter Anna Meta heiratet den Gastwirt Gerd Harms in Leeste „Im Bruch“ und ist damit ebenfalls als Wirtin tätig.
Nachkommen des Gerd Schmidt und der Depke Knief
Heinrich jr. kauft also 1876 die Brinksitzerstelle Leeste Nr. 15 von dem Topfhändler und Tabakfabrikanten Fritz Habenicht und läßt dort ein „Kegelhaus“ errichten. Das zum Hof gehörige
Häuslerhaus wird 1877 an Beke Köhler verkauft.
Die Geschichte des Hauses im Einzelnen:
1884 ist das Wahllokal für die Reichstagswahl im Schmidtschen Gasthaus eingerichtet:
Der Gastwirt Heinrich Schmidt ist 1887 Gründungsmitglied der Leester Feuerwehr.
1894 findet ein philharmonsiches Konzert, 1896 ein weiteres mit anschließendem Ball bei Schmidt statt.3
Auch in den Jahren 1899, 1900, 1901 und 1905 finden Konzerte statt, jeweils Anfang Dezember, außer im Januar 1900, als zusätzlich ein Benefizkonzert zugunsten der verwundeten Buren veranstaltet wird.4
Im August 1895 wird der neue Saal bei Schmidt eingeweiht – im Anschluss an die Sedanfeier.
Auch politische Versammlungen finden im Gasthaus Schmidt statt (hier: 1904)
1909: Abtanzball des Tanzkursus für Kinder (Tanzschule Beuss)5
Bei Schmidt gibt es einen herrlichen Sommergarten. Er liegt am Rande von weiten Feldern, wo man bis Hagen sehen kann. Dort liegt später die KGS Leeste. Am Horizont ist auf der Postkarte von 1911 der Schornstein der Dunkhase’schen Dampfsägerei und Knochenmühle in Hagen zu erkennen. Die Gäste sind fein säuberlich zum Foto aufgestellt. Vermutlich ist das Bild von gegenüber aufgenommen worden (3-stöckiges Geschäftshaus von Schierenbeck und Schmidt). Das Geschäftshaus gegenüber gehörte auch der Familie Schmidt. Sie besaß in Leeste mehrere Häuser. 6
1904 feiert der 1900 gegründete Leester Schützenverein Germania sein Schützenfest erstmalig im Garten des Gasthauses H.Schmidt. Vorher war das Fest noch in Melchiorshausen gefeiert worden.
1905 wird das Schützenfest bei Schmidt wiederholt. 1906 wird allerdings wieder in Melchiorshausen gefeiert. Dabei wird dort eine neue Schützenhalle eingeweiht.
1907 wird dann der neue Schützenplatz in Leeste eingeweiht. Gastwirt H.Schmidt wird Schützenkönig.
Auch 1913 wird noch im Juni bei Schmidt gefeiert.7
Im September 1913 wird dann das Gasthaus zunächst an den Kellner Hinnersen aus Bremen verkauft. Der erhält aber keine Konzession. 8
1915 gibt es einen „Lichtbildervortrag“ über die deutsche Flotte im 1. Weltkrieg 9
1919 kauft der Wirt Rudolf Schnakenberg aus Bremen das Gasthaus von Hinnersen10
1920 veranstaltet Schnakenberg wieder im Dezember ein Konzert mit anschließendem Ball – ganz in der Tradition seines Vorgängers, jetzt allerdings mit einem Männergesangsverein.
Eine Postkarte aus den 1920er Jahren zeigt die Gaststätte an der Leester Str (damals: Hauptstraße) mit ihrem Sommergarten.11
Auch politische Versammlungen finden bei Schnaken-berg statt.12
1920: Wie man aus Anzeigen des Schützenvereins entnehmen kann, ist Hindahl eine Gesangstruppe, die auch andere „Spezialitäten“ im Programm hat und des öfteren bei Schmidt aufgetreten ist. Das Konzert findet im Schnakenberg'schen Gasthaus statt.13
Einbruch bei Schnakenberg im November 1922
Im August 1922 wird das 9. Stiftungsfest des Turnvereins im Gasthaus Schnakenberg gefeiert. Der Verein führt nach einem Lauf durch den Ort Wettkämpfe im 100m-Lauf, Weitsprung, Hochsprung und Schleuderball durch. Im Garten des Gasthauses wird ein Schauturnen veranstaltet. Die Knabenabteilung baut Pyramiden auf, und die Kleinsten zeigen akrobatische Leistungen.
1929 Werbung für Schnakenbergs Sommergarten mit Ball und Konzerthaus, regelmäßiger Verbindung mit dem Postbus von Bremen-Arsterdamm und mit der Kleinbahn Bremen-Neustadt-Thedinghausen.
1934 wechselt der TSV Leeste sein Vereinslokal von Dreyer in Hörden zu Schnakenberg.14 Der Sportplatz der Leester Schule liegt in unmittelbarer Nähe. Er ist auch der Trainingsplatz sowie der Austragungsort vieler Ligaspiele des TSV.
1933 übernehmen die Witwe Metta Schnakenberg geb. Ahrens und die Miteigentümer die Gaststätte.
1936 ist im Adressbuch15 eingetragen: Witwe Metta Schnakenberg, Leeste 15.
Hier ist Rudolf Schnakenberg wohl schon gestorben, und die Witwe Meta führt die
Gastwirtschaft weiter.
In den 1930er Jahren werden hier Tanzkurse mit dem Tanzlehrer Jan-1-2-3 abgehalten. Er fährt über Land und hält Kurse im Gesellschaftstanz. Sein Markenzeichen ist die Fliege.
1940 ist Meta Schnackenberg als Wirtin und ihr Sohn Johann als Kellner eingetragen. Johann Schnackenberg betreibt bis Mitte der 1970er Jahre die Gaststätte.
In der Jubiläumsschrift des TSV Leeste zum 60jährigen Bestehen sind Hans und Dietrich Schnakenberg unter den Gefallenen des 2. Weltkriegs verzeichnet.
Ab 1952 gibt es bei Schnakenberg regelmäßig Kinovorführungen. Das Kino nennt sich "Union Theater" und besteht bis in die 1970er Jahre. Es wird betrieben durch Fritz Feldmann, der ein Kino
in Bremen hat und auch das "Filmeck" in Kirchweyhe, mit Filmen versorgt.16
Bei Schnakenberg hat auch wieder der Leester Schützenverein sein Domizil. Der Schießstand und das Vereinsheim befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft an der Ladestraße.
Die Nutzung des 1895 gebauten Saales.
In der Nachkriegszeit wird der Saal vorwiegend für Feiern und Veranstaltungen genutzt, wie Hochzeiten, Schützenfeste, Versammlungen von Vereinen usw.
In den 50er Jahren sind hier Kinoveranstaltungen ein bis zweimal in der Woche. Zum Beheizen des Saales ist ein großer Ofen im Saal aufgestellt.
Da es hier im Ort Leeste noch keine Turnhalle gibt, führt der Turnverein des TSV Leeste Übungsnachmittage durch, vorwiegend im Geräte- und Bodenturnen und mit Handballübungen für Kinder. Auch
geben hier Tanzschulen Tanzunterricht. Der Tanzlehrer Johann Peters aus Leeste bietet hier auch schon in den Jahren vor dem Krieg Tanzunterricht an. Danach kommen auch Tanzlehrer aus Bremen und
Delmenhorst wie z.B. Tanzlehrer Kuhlmann. Es sind später auch verschiedene Geschäfte für jeweils eine kurze Zeit hier eingemietet.
In den 70er Jahren eröffneten Harald Ellrich und Rolf Thoben die Discothek Toulouse und führten hier Disco-Abende am Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag durch.
Es finden Sylvesterfeiern und andere Bälle statt:17
Kino: „UNION Theater”
In den 1950er. 60er und 70er Jahren gibt es regelmäßig Kinovorführungen
Das Kino wird betrieben durch Fritz Feldmann, der auch das "Filmeck" in Kirchweyhe mit Filmen versorgt.
Discotheque Toulouse
In den 1970er Jahren eröffnet die Discotheque Toulouse. Es war die große Zeit der Discos und Musikveranstaltungen auf den Sälen - nicht nur in Leeste. In Kirchweyhe gab es das Maddox und Light Power, in Melchiorshausen das Village.
Der Saal wird von Harald Ellrich und Rolf Thoben gepachtet, um dort die Discotheque Toulouse zu betreiben.
Im Toulouse traten bekannte Größen des Showgeschäfts auf: Marianne Rosenberg, Mike Krüger, Madame Lothar, Peter Maffay (?).
DJs: Udo Siemer
Kellner: Stefan Unterberger
1982 brennt die Disco aus. 20
Die Gaststätte wird um 2000 von Heiko Zirkel und danach von Werner Kobert, dem Eigentümer von Pomm & Curry gepachtet.
Der Besitzer des Maddox, Bernd Zweck, kauft dann später die Gaststätte mit Saal und vermietet Gastraum und Saal getrennt.
Heute ist aud dem ehemaligen Saal das Sportstudio Weyhe.
Von 2008 bis heute wird das Gasthaus von Klaus Wessels betrieben. Für kleinere und größere Feiern übernimmt Wessels auch noch im benachbarten ehemaligen Gasthaus Suhling das "Wessels 2".
Ca. 2000: Das Restaurant "Wessels Bistro" eröffnet im Anbau des Gasthauses. Links das Vereinsheim der Leester Schützen. Es wird betrieben von Jutta und Klaus Wessels.
2016: Im alten Gasthaus von Schnakenberg ist ein Fitness-Center eingezogen („Sportstudio Weyhe).
[Foto 2016: W.Meyer]
Die Immobilie gehört Bernd Zweck aus Sudweyhe. Er hatte sie von Jan Schnakenberg gekauft - zusammen mit dem Vereinsheim der Leester Schützen.
2018 kündigt Zweck den Schützen zum April 2020. Der Schießstand und das Vereinsheim liegen im Sanierungsgebiet des Leester Bahnhofs. Zweck will dort neu bauen. Was, ist noch offen 20
Die Gaststätte Wessels mit dem Sportstudio im Jahr 2020.
Aus den Häuserlisten von Leeste: (Quelle: K.Hahn / J. Boyer)
Leeste 15 Brinksitzer Schulte heute Leester Strasse 86
1811 Carl Schulte und Gesche
1815 Albert Schulte und Margarete (Gretje) Müller
1836 Johann Schulte und Adelheid Behrens OO 13.11.1815
Wichen Schulte * 10.04.1785 + 09.05.1815 Hufschmied in Leeste
Adelheid Behrens * 17.03.1787 + 25.03.1853 OO nicht in Leeste
1852 Johann Schulte * 01.03.1789 + 04.01.1872 Gastwirt, Hufschmied
Adelheid Behrens * 17.03.1787 + 25.03.1853 OO 13.11.1815
Maria Caroline Mestwerth * 28.08.1838 + Pflegekind
Johann Friedr. Mestwerth * 20.11.1843 + Pflegekind
1855 Ernst Friedrich Habenicht * 21.01.1823 + 25.02.1882 Topfhändler, Anbauer
Anna Schulte * 06.04.1830 + 12.08.1908 OO 23.11.1845
1876 Kauf Heinrich Schmidt, Wohnhaus, Pferdestall und Kegelhaus
Heinrich Schmidt * 09.05.1849 + 12.12.1932 Brinksitzer, Gastwirt
Adelheid Wetjen * 12.07.1849 + 11.02.1903 OO 05.05.1876
1913 Verkauf an Hinnersen
1919 Verkauf an Rudolf Schnakenberg
1927 Rudolf Schnakenberg, Gastwirt
1940 Johann Schnakenberg, Kellner - Meta Schnakenberg, Witwe Gastwirtin
1952 Johann Schnakenberg, Gastwirt - Meta Schnakenberg, Witwe
1959 Johann Schnakenberg, Gastwirt - Meta Schnakenberg, Witwe
1970 Johann Schnakenberg, Eigentümer
1974 Johann Schnakenberg, Gastwirt
1984 Schnakenbergs Gasthaus, Weyher Fitness Center Uwe und Susanne Drücker
1990 Schnakenbergs Gasthaus, Weyher Fitness Center Uwe und Susanne Drücker, Thorsten Hagedorn,
Doris Rupp
2000 Schnakenbergs Gasthaus - Birgit Hoopmann - Heiko Zirke
2008 Wessels, Klaus und Jutta; Gaststätte Marcella Klück, Fitness
2013 Wessels, Klaus und Jutta, Gaststätte Wessels, Pascal Sportstudio l
Anmerkungen
1 Mit Markierungen (in rot) von B.Stolte
2 Ev.-luth. Pfarrarchiv Leeste, KB 1834-1875, S. 666, Getraute, Jg. 1841, Nr. 7: Heirat: 2. Juli 1841 in Leeste: „Den 2t[en] July [1841] wurden Heinrich Schmidt zu Melchiorshausen, ehe[licher] ältester Sohn des Gastwirths und Brinksitzers Gerd Schmidt daselbst und der Depke gebornen Knief, und Margarethe Meyer, ehe[liche] Tochter des Halbmeiers Heinrich Meyers (Castens) in Leeste und der Anna geb Schwarz, nachdem solche am 1t[en] und 2 Sonntage post Trinitatis öffentlich proclamirt, hieselbst copulirt.“):
3 Syker Zeitung v. 29.11.1894
4 Syker Zeitung v. 16.1.1900, 1.12.1900, 7.12.1901, 11.12.1905
5 Syker Zeitung 12.10.1909
6 Postkarte von 1911. Repro: Peter Stoffels fb wf. Angaben über die Familie Schmidt: Gordon Volkmar fb wf
7 Vgl. entsprechende Einladungen und Berichte der Syker Zeitung aus den Jahren 1909-1913.
8 Syker Zeitung 2.10.1913
9 Syker Zeitung v. 19.10.1915
10 Syker Zeitung 7.5.1919
11 Postkarte aus dem Besitz F.Römer
12 Syker Zeitung v. 16.11.1920
13 Syker Zeitung v. 11.12.1920
14 Nach Angaben von Wilfried Meyer auf facebook
15 Adressbuch des Landkreis Hoya, 1936, Leeste, S. 181
16 (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit, 2005) S. 168
17 Fotos aus dem Besitz von Birgit Stolte
18 Kreiszeitung vom 10.10.2018 – S.Schritt