Windmühle Melchiorshausen

Paul Athmann
 
Die Melchiorshauser Mühle stand zwischen der B6 (Syker Str), der "Streitheide" und dem "Birkhuhnweg", heute Birkhuhnweg 3, wo seit 1977 Alfred Nienaber wohnt.

Die Mühle ist vermutlich um 1876 vom Tischler Friedrich Wilhelm Nienstedt  errichtet worden.  Wann genau die alte Mühle erbaut wurde, steht aber nicht fest. 


1871 schließt Friedrich Nienstedt mit dem Gastwirt G. Schmidt einen Pachtvertrag über ein Grundstück, wo er ein Wohnhaus errichten will.1 1872 ist er mit einem Wohnhaus in der Häuserliste unter Nr. 76 eingetragen.2
Die Mühle hat einen Roggen-Schrotgang und einen Weizenmahlgang.3
 
Im Jahr 1879 bzw. 1880 verkauft der verschuldete 4 F.W. Nienstedt sein Wohnhaus und die Mühle an den Kaufmann J. H. Dunkhase in Leeste, der die Mühle wohl für seinen Bruder  Heinrich Wilhelm erwirbt, der Gastwirt in Brinkum ist.5 Als Besitzer wird in der Melchiorshauser Häuserliste aber J.H. Dunkhase eingetragen. 6


Dunkhase setzt Fritz Ahlers als Pächter ein. Er lässt die Mühle durch seinen Verwandten, den Zimmermann Gerd Dunkhase in Erichshof, schätzen, was wohl als Grundlage für die Erhaltungspflichten des Pächters dienen soll. Die Mühle hat nach dieser Schätzung einen RoggenSchrotgang, einen Weizenmahlgang und einen Schälgang. 

Als Inventar werden u.a. aufgeführt: 7

  • Staubmühle mit Sieben 
  • Doppelwinde 
  • Ladewagen mit eisernen Rädern 
  • Dezimalwaage 
  • 5 Leitern 

 


Schon 1884 oder 1885 erwirbt der Pächter F. Ahlers die Mühle, wohl von der Familie Dunkhase.8  Er bleibt Besitzer bis zu seinem Tod im Jahr 1893. 

 

Ahlers Erben schreiben 1893 Haus und Mühle zur Verpachtung aus. 9 Vermutlich hat Diedrich Landwehr daraufhin die Pacht übernommen.


Diedrich Landwehr betreibt dann diese Windmühle in Melchiorshausen als Pächter, bis er um 1902 die Mühle in Leeste-Hagen übernimmt. 

 

1893 wird die Mühle auch in Halenbecks Reiseführer erwähnt: bei Kilometer 48,550 [an der Chaussee nach Syke] liegt rechts eine Windmühle.10


Die Mühle ist ebenfalls auf der Landesaufnahme von 1897 verzeichnet.

 


Laut der Häuserliste hat 1898 Heinrich Nienaber die Mühle gekauft.11 Das passt zu der Anzeige vom 14.5.1898 in der Syker Zeitung, die den Verkauf der Ahlerschen Anbauerei und der Windmühle anbietet. Mühlenpächter ist zu dieser Zeit Landwehr, wie aus der Verkaufsanzeige hervorgeht. Die "Ahlersche Anbauerei in Melchiorshausen" mit Windmühle und Land wird am 18.Mai und nochmal am 25.Mai zum Verkauf angeboten.12 Die Versteigerung findet im Haus des Mühlenpächters Landwehr statt. Daraufhin erwirbt also Heinrich Nienaber 1898 die Mühle.

Heinrich Nienaber stammt aus Bassum-Freudenberg und hat als Geselle in der Leester Windmühle von Cord Nienaber gearbeitet (mit dem er aber nicht verwandt ist). Dort lernt er auch seine spätere Frau Beke Nienaber kennen, Cords Tochter. Sie heiraten und kaufen 1898 die Mühle in Melchiorshausen.13


In der Häuserliste steht der Kauf im Jahre 1898 vermerkt. Nachträglich ist dort unter “Mühle” eingetragen: Dampfmühle mit Lagerraum. Vermutlich hat der Pächter Dietrich Landwehr schon 1895 eine Dampfmaschine angebaut, die das Mühlrad in windarmen Zeiten antreibt. Laut einer Liste des Dampfmaschinen- Herstellers Carl Weymann, Eisengießerei und Maschinenfabrik ist nämlich in jenem Jahr eine Anlage für Dietrich Landwehr, Mahlmühle, Mischfutter geliefert worden.14 


Um 1906 kauft der Pächter Dietrich Landwehr die Dampfmühle in Leeste Hagen, die er wohl schon seit 1902 gepachtet hatte.  Seit dieser Zeit hat wohl Heinrich Nienaber selbst die Melchiorshauser Mühle betrieben.
Ende September 1914 meldet der Mühlenbesitzer Nienaber in Melchiorshausen  den Diebstahl von Wäschestücken aus seiner Bleiche.15

1915 ist Heinrich Nienaber weiterhin der Besitzer der Wind- und Dampfmühle Melchiorshausen. Er  hat 1894 auch die Wind- und Dampfmühle in Leeste geerbt. Er bietet Ölkuchenmehl und Zuckermehl „zu billigen Preisen“ an.16

In der Nachkriegszeit scheint 1919 ein regelmäßiges und zuverlässiges Mahlen nicht möglich gewesen zu sein. Jedenfalls erfolgt am 20. März die Schließung der Mühle des Heinrich Nienaber in Melchiorshausen „bis auf weiteres“  "wegen Unzuverlässigkeit des Inhabers".17

Im März 1922 wird ein Diebstahl von 100 Pfund Weizenmehl aus der Mühle von Nienaber in Melchiorshausen gemeldet.18

1936 ist Heinrich Nienaber als Mühlenbesitzer  im Adressbuch für Melchiorshausen Nr. 76 verzeichnet.19

1936 ist Heinrich Nienaber als Mühlenbesitzer  im Adressbuch für Melchiorshausen Nr. 76 verzeichnet.19
Als das Luftschiff "Graf Zeppelin" 1930 über Melchiorshausen schwebt, wird es aus einem Flugzeug fotografiert. Dabei kommt auch ein Teil von Melchiorshausen mit aufs Bild. Im Ausschnitt ist die Windmühle von Nienaber in der Mitte des oberen Drittels zusammen mit dem Mühlenhaus zu erkennen. Links davon das Maschinenhaus. 

Um 1932 erfolgt der Abriss der baufällig gewordenen Windmühle. Die Steine des Sockels werden beim Wiederaufbau der 1931 abgebrannten Melchiorshauser Schützenhalle wieder verwendet. Die Mühlenkappe geht nach Heiligenfelde zur Mühle von Albert Wachendorf (diese wird dann 1952 ebenfalls abgerissen).  Albert Nienaber, Heinrichs Sohn,  übernimmt  um 1933 den Betrieb, in dem die beiden Mahlgänge schon längst mit Elektro- und Dieselantrieb laufen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Heinrich  Nienaber um 1930 vor der Mühle 21

Bis 1954 wird der Betrieb der Rest-Mühle im separaten Mühlengebäude mit einem 30-PS-Elektromotor und 25-PS Dieselantrieb fortgeführt. 

 

1954 erfolgt dann die Aufgabe des Mühlenbetriebs. Albert Nienaber findet Arbeit im Bremer Hafen. Die Maschinen werden verkauft. Die Mühlenräume werden Anfang der 1960er für einige Jahre an den späteren Kartoffelhändler Hans Koch vermietet. Er lagert dort Düngemittel, Torf, Kohle und Briketts. Die Miete beträgt nur 30 DM monatlich. Er hat auch ein kleines Büro eingerichtet. Koch hat zu dieser Zeit ein kleines Kohlenlager am Bruchdamm. Die Kohlen und Briketts holt er per LKW von der  Bahn und verteilt sie in Säcken an die Kunden.20
      
In den Jahren 1972 bis 1977 wird das alte Maschinenhaus von Alfred Nienaber, dem Sohn von Albert Nienaber, zum Wohnhaus umgenutzt. Nach längerem Leerstand macht sich Alfred Nienaber daran, die alten Maschinengebäude umzubauen. Als gelernter Maurer ist das für ihn kein Problem, doch dauert es fast fünf Jahre, bis er mit seiner Frau Lianne und den Kindern dort einziehen kann.  Nur Kenner der Geschichte wissen, warum das Haus einen länglichen Grundriss hat.22

Dieses Foto hängt am Haus Syker Str. Nr. 43, wo Heinrich Nienaber gewohnt hat. Sein Bruder Alfred wohnt am Birkhuhnweg 3. Das Haus der späteren Motormühle ist heute zum Wohnhaus der Nienabers am Birkhuhnweg 3 umgebaut. Alfreds und Heinrichs Vater war zuletzt Besitzer der Mühle gewesen. Das Foto zeigt die ehemalige Motormühle Nienaber. Sie ist später zum Wohnhaus von Alfred Nienaber umgebaut worden.  Die Windmühle hat daneben gestanden. 

Der ehemalige Weg um die Mühle führte von der Chaussee (B6) zum Birkhuhnweg. Heute ist dort der Garten von Nienabers. Das Schild steht an der B6 (Syker Straße).
Am "Windmöhlnpad" bei Nienabers steht 2009 auch noch ein Mahlstein an der Gartenlaube.
 

Ein Gemälde von H. Peters, Brinkum, zeigt die   Melchiorshauser Windmühle.


1 GAW-H-708 (Nachlass Dunkhase-Dinse, Leeste, Mühle Nienstedt) Pachtvertrag G.Schmidt F.Nienstedt 1871 2 GAW-G-020 (Häuserliste Gem. Leeste 1860 ff)

3 GAW-H-708 (Nachlass Dunkhase-Dinse) Versicherungspolice der Gladbacher Feuerversicherungsgesellschaft (Hannover) für Mühlenbesitzer Johann Wilhelm Nienstedt über holländischer Windmühle

4 Vgl. GAW-H-708 (Nachlass Dunkhase-Dinse) Jan 1880: Schulden Fr. Nienstedt bei Sparkasse Bruchhausen        3300 Mk; 

5 GAW-H-708 (Nachlass Dunkhase-Dinse) 22.2.1879 Verkauf des Landes, der Windmühle, des Schweinestalls und der Werkstatt von F.Nienstedt an Joh. Dunkhase; 24.2.1879  Joh. Nienstedt H.W. Dunkhase: Bescheinigung über Verkauf der Mühle; 3.3.1879: Kaufvertrag über Mühle Melchiorshausen samt Land und Schweinestall von Fr.Nienstedt an J. Dunkhase. Abbruch der „Werkhalle“ durch Nienstedt. Heinrich Dunkhase übernimmt Nienstedts Rechte von G. Schmidt (Pachtland, zur Mühle führende Wege).; 31.3. bzw. 30.4.1879 Verkauf des Landes, der Windmühle, des Schweinestalls und der Werkstatt von F.Nienstedt an Heinrich Wilhelm Dunkhase (15000 Mk). Abbruch der „Werkstatt“ durch Nienstedt.; 2.5.1879 Quittung Heinr. Dunkhase Leeste
6 GAW-G-020 (Häuserliste Gem. Leeste 1860 ff) Melchiorshausen Nr. 76 Wohnhaus, Mühle: J.H. Dunkhase (Kauf 1879)  

7 GAW-H-708 (Nachlass Dunkhase-Dinse) Schätzung der Mühle von J.Dunkhase durch Gerd Dunkhase, Erichshof

8 GAW-G-020 (Häuserliste Gem. Leeste 1860 ff) Melchiorshausen Nr. 76 Wohnhaus, Mühle: F.Ahlers (Kauf 1885) Vgl. auch (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit - Band 3, 2011) S. 44 

9 Syker Zeitung v. 28.10.1893

10 (Halenbeck, 1893)

11 GAW-G-020 (Häuserliste Gem. Leeste 1860 ff) Melchiorshausen Nr. 76 Wohnhaus mit Stallanbau, Mühle, Dampfmühle mit Lagerraum: Kauf 1898 Heinrich Nienaber

12 Syker Zeitung 14.5.1898 und 19.51898 - Repro: Hahn, Rathjen, Riehn

13 Vgl. (Meyer, Weyhe im Wandel der Zeit - Band 3, 2011) S. 44

14 Siehe http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen4/firmadet41558.shtml: Als Adresse ist allerdings Leeste, Hauptstr. 25, angegeben, obwohl Landwehr 1895 noch Pächter in Melchiorshausen war.

15 Syker Zeitung 27.9.1914 - Repro: Hahn, Rathjen, Riehn

16 Syker Zeitung 13.02.1915 - Repro: Hahn, Rathjen, Riehn

17 Syker Zeitung 26.03.1919 - Repro: Hahn, Rathjen, Riehn

18 Syker Zeitung 26.03.1922 - Repro: Hahn, Rathjen, Riehn

19 Adressbuch des Kreises Hoya 1936

20 nach Angaben von U. Koch, Fahrenhorst und H.J. Koch, Seckenhausen

21 Repro W.Meyer / Kreiszeitung 19.2.2011

22 Vgl. Kreiszeitung W.Meyer 19.2.2011