6.5.3.1 Qualitätskontrolle (Trichinenschauer, Fleischbeschauer)
Bereits seit dem 15. Jahrhundert sind amtlich bestellte Fleischbeschauer bekannt. Als Wissenschaftler die Ursachen vieler Krankheiten erkannten und deren Urheber, traf man auch Gegenmaßnahmen. So stellte sich die Trichine als übler Wirt des Schweines heraus, der dem Menschen sehr gefährlich werden konnte. Da sich die Trichinen in bestimmten Teilen des Schweines befanden, musste man diese nur mit dem Mikroskop untersuchen und konnte entscheiden, ob das Fleisch bedenkenlos zu verzehren war.
Zur Ausübung dieses wichtigen Amtes wurde der Beruf des Fleischbeschauers geschaffen. Die Beschauer erhielten ein Mikroskop mit Glasscheiben, zwischen die die zu untersuchenden Fleischabschnitte gelegt wurden, sowie Pinzetten und eine Schere zum Ablösen der Proben. Ebenso gehörten noch Stempel zur Zeichnung der untersuchten Tiere, sowie ein Quittungsblock zur Ausstattung.
Damit bei einem positiven Befund die Gesundheit der Menschen gewahrt war, wurde der Beschauer mit der Vollmacht zur Beschlagnahme des Tieres ausgestattet.
Die Trichinenuntersuchung, früher als Trichinenschau bezeichnet, ist eine Untersuchung von Fleisch auf Trichinen nach der Schlachtung. Die Trichinenuntersuchung ist heute Teil der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung bei untersuchungspflichtigen Schlachttieren und Wildbret.
Maßgeblich für die Einführung der Trichinenschau waren mehrere Trichinenepidemien 1863/64. Als August Colberg die Hettstedter Epidemie (1864) aufgearbeitet hatte, wurde 1866 im Königreich Preußen die obligatorische Trichinenschau eingeführt. Vor Einführung des „Reichsfleischbeschaugesetzes“ um 1900 gab es in Deutschland nach Schätzungen jährlich etwa 15.000 Erkrankungen. Durch die Fleischbeschau sank diese Zahl in 50 Jahren auf nahezu Null. Trotzdem bleibt sie notwendig. Nach neueren Untersuchungen tragen immer noch 20 % der Füchse den Erreger, die ihn dann auf Wildschweine oder schlimmstenfalls auch auf Hausschweine übertragen können.
In Weyhe gab es mehrere Beschauer:
1886 wird der Brinksitzer Diedrich Döhrmann durch den Kgl. Landrat von Schulzen zum Fleischbeschauer für den Ort Dreye bestellt.35
1898 wird der Anbauer Gerhard Wetjen in Leeste anstelle des verstorbenen Gemeindedieners Johann Heinrich Ristedt für die Ortschaft Leeste (mit Ausnahme einiger Gebäude) zum zuständigen Fleischbeschauer bestellt.36
1904 wird an Stelle des verstorbenen Gerhard Wetjen der Anbauer Thölke Niemeyer aus Leeste zum Trichinenschauer für ganz Leeste außer einigen Höfen bestellt.37 Der Häusler Heinrich Schierenbeck aus Leeste ist sein Stellvertreter.
1911 vertritt der Trichinenschauer Rohlfs in Erichshof seinen erkrankten Kollegen Schmidt in Melchiors-hausen.38 Als dieser 1915 zum Kriegsdienst eingezogen wird, muss Kollege Niemeyer in Leeste übernehmen.39
23.10.1915
1940 ist Wilhelm Kaufmann als Trichinenbeschauer (und Vertreter) im Adressbuch auf der Stelle Melchiorshausen 117 verzeichnet.
Nach dem 2. Weltkrieg ist Adolf Reiter Fleischbeschauer in Leeste (Breslauer Str. 386).40
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Anmerkungen zur Schweinehaltung
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6.5.3.2 Hausschlachtungen
Auch heute können noch Hausschlachtungen durchgeführt werden. Auf weyhe.de wird erläutert, was ein Hausschlachtung genau ist: „Hausschlachtung ist eine Schlachtung außerhalb gewerblicher Schlachtstätten, wobei das Fleisch ausschließlich im eigenen Haushalt des Tierbesitzers verwendet werden darf. Wer Tiere schlachtet, muss über die hierfür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.” Es werden dort auch die verschiedenen gesetzlichen Grundlagen aufgeführt, die heute einzuhalten sind.41
Früher war das Schlachten zuhause üblich und war nicht von den verschiedensten Verordnungen geprägt. Lediglich die Trichinenschau war vorgeschrieben.
Allerdings gab es zu Zeiten der Zwangsbewirtschaftungen im 1. und 2. Weltkrieg strenge Verordnungen. Es durfte z.B. per Hausschlachtung nur 1 Schwein geschlachtet werden. Das wurde nicht immer eingehalten: So wird erzählt, dass bei einem Schlachttermin in Melchiorshausen ein zweites Schwein im Keller vom Trichinenbeschauer nicht entdeckt wurde.42
Eine Hausschlachtung war für die Kinder immer ein herausragendes Ereignis, das vielen in positiver Erinnerung geblieben ist. Zartbesaitete (meist Frauen oder Kinder) waren jedoch mehrere Tage „krank“, wenn die Tiere, die sie täglich gefüttert und versorgt hatten, zum Schlachter kamen bzw. zuhause geschlachtet wurden.
Die Hausschlachter:
Eine Nachfrage bei älteren Einwohnern sowie Auswertung der Häuserlisten und Adressbücher ergab folgende Auflistung der Weyher Hausschlachter: 43
In Kirchweyhe:
o Fleischermeister Hans(-Hermann) Steinbeck wohnt Bahnhofstr.12 und ist 2019 seit 50 Jahren bei der Feuerwehr Kirchweyhe. Er war Ortsbrandmeister von Kirchweyhe
In Dreye:
In Lahausen:
In Leeste:
o Hausschlachter Heinrich Ehlers, Lee 72, Schiffstelle 13 , [EW Liste 1855]
o Steht um 1911 als Hausschlachter in den Häuserlisten Schierenbeck, Heinrich, Schlachter, Leeste 188 [Adrb 1940]
In Hörden
In Hagen
In Melchiorshausen:
In Sudweyhe u. Sudw. Heide
o Hat bei Volkard Wetjen zuhause geschlachtet
In Erichshof:
Man erkennt an den Berufsbezeichnungen, dass die Ausbildung zum Schlachtermeister nicht Voraussetzung war zur Ausführung einer Hausschlachtung. Vielmehr verdienten sich viele - witterungsbedingt arbeitslosen - Handwerker und Landwirte in der Winterzeit etwas hinzu.
Einige Hausschlachtungen zwischen 1900 und 1960:
Hörden
Hörden 1908 Hof Drücker-Garnholz 44
Notschlachtung aller Borstentiere nach Ausbruch der Schweinepest. Schlachter ist Friedrich Schierenbeck. Es wurden 30 Schweine an einem Nachmittag geschlachtet. Die geschlachteten Tiere wurden anschließend zum Bremer Schlachthof gefahren.
Die obige Postkarte, die Johann Eickhorst an seine Freundin schickte, spricht von 80 Stück, die bei Johann Knief in Leeste an einem Tag geschlachtet wurden. Das sei in Leeste 14 Tage lang so gegangen.
Der Höhepunkt der Hausschlachtungen war sicher mit der Schweinepest in den Jahren 1910 und 1911 erreicht: In Leeste wurden 1911 täglich 60 – 100 Tiere geschlachtet, in Hagen bei Leeste 150. Auch Kirchweyhe war wegen der Schweinepest gesperrt vom 3.6.1910 bis zum Oktober 1910.
Sudweyhe
Hausschlachtung in Sudweyhe bei Volkard Wetjen.45
Der Schlachter auf dem Bild ist Jan Steinbeck
Sudweyhe Denker
B.Stolte: „Hans Meyer aus Dreye hat bei meiner Oma und meinem Opa in Sudweyhe auch geschlachtet. Der war voll nett und wir Kinder durften von Anfang bis Ende dabei sein: Donnerstag gegen Abend schlachten und das Schwein am Flaschenzug auf der Diele aufhängen. Am Freitag kam der Fleischbeschauer und machte seine Stempel. Am Samstag morgens um 3 Uhr aufstehen, Hans Meyer von zu Hause abholen und Wurstmachen.“
Melchiorshausen
Johann Meyer und Neffe Hans beim Zerlegen der Fleischstücke 46
Die Schlachtung der Sau erfolgte bei Heini und Mimi Denker, Vor den Fuhren in Sudweyhe/Jeebel.
Fotos (4): R.S.Rehpenning
Sabine Ristedt: "So war es bei uns zu Hause auch. Die ganze Waschküche war fettig. Ich musste das Blut rühren, damit wir davon Schwarzsauer kochen und Blutwurst machen konnten."
Johannes Grammel, der Schwiegersohn von Schlachter Hermann Weiß, war auch Hausschlachter. Das Foto zeigt ihn beim Ausnehmen eines Schweines während einer Hausschlachtung.
Ahausen
Hausschlachtung auf dem Hof Bösche 47
Ein Foto aus der Anzeige zum 50-jährigen Bestehen der Schlachterei Weiß im Südecho , aus dem Jahre 1984 oder eher – leider etwas beschädigt.
Das Schwein wird zur „Schlachtbank“ geführt. Die Tötung erfolgte gewöhnlich mit einem Bolzenschussapparat.
Das getötete Schwein wird in die Molle gelegt und mit heißem Wasser übergossen. Dann werden mit einem Schaber die Borsten entfernt.
Kirchweyhe
1930 bei Bäcker Carl Reiners am Bahnhof: Die Brüder Steinbeck waren die Schlachter (links u. 3.v.l.) 48
Das Blut wird aus dem getöteten Tier abgelassen und aufgefangen. Das wird dann später zur Blutwurst bzw. zu „Punkebrot“ verarbeitet.
Sudweyher Heide
[Foto: Susanne Bode]
Hausschlachter Gerd Hoffmann WM fb wf
„Mein Opa war Hausschlachter, da erklärt es sich von alleine, das ich noch weiß was das ist, ich durfte damals, als ich von der Schule kam und mit den Hausaufgaben fertig war, immer helfen, Schweine schlachten....in solch einem Trog, wurden die Schweine mit kochendem Wasser übergossen, damit sich die Borsten lösten um sie dann mit einer Glocke abzuschaben.“49
Der Mollenhauer in Melchiorshausen stellte um 1900 solche Mollen her. [Hans Peters, Altes Handwerk, und Heimbl 14 /1994] . Später in Holzwarenfabriken.
Die Wurstmachefrau 50
[…] Wenn der Hausschlachter das Schwein zerlegt, Schinken, Speckseiten, Ohren, Potjen, und sonstige Teile eingesalzen und das übrige Fleisch für die Wurst zurechtgeschnitten hatte, konnte die Wurstmachefrau mit ihrer Arbeit beginnen. […]
Der „Stoppkasten“ diente zum Stopfen der Wurst und war eine neue Erfindung, denn vorher mussten noch sämtliche Würste mit der Hand gestopft werden, wobei zum Auseinanderhalten und Füllen der Därme aus einem Kuhhorn geschnittene Hülsen oder Ringe benutzt wurden.
Der viereckige Stoppkasten aus starkem Eichenholz, mit drei eisernen Bändern beschlagen, war etwa 21 cm breit, ebenso hoch und 50 cm lang. Durch das eine Endstück ging eine eiserne Spindel, mit der im Kasten ein viereckiges Brett bis zum anderen Ende mit Hilfe einer Kurbel gedreht werden konnte. In diesem Endstück des Kastens war das Loch mit der Blechtülle, über welche die Därme geschoben wurden. Das obere Brett des Kastens konnte herausgenommen werden, um die Wurstmasse einzufüllen. Mit Kracken und Holzkeilen wurde der Kasten am Tisch befestigt.
Das sonstige zum Wurstmachen benötigte Geschirr musste jeder selbst stellen, vor allem den großen Hackblock aus Buche mit handbreiter Kante. Auf diesem Block wurde das Fleisch mit dem Stoßeisen („Stötmeß“), später mit dem Wiege- und Hackmesser, zerkleinert, denn Fleischhackmaschinen gab es damals noch nicht. Derart zerkleinertes Fleisch soll nicht nur schmackhafter, sondern auch dauerhafter geblieben sein.
Am frühen Morgen des nächsten Tages kam die Wurstmachefrau: „Binnen is bäter at buten. Kinners, de Snee liggt ja wol twee Foot hoch.“ Na Sophie, dann warm di man erst un drink un Köppken besten Koffie!“
Aber bald ging es an die Arbeit. Zuerst wurden das Fleisch und der Speck für die Mettwurst und die Kochwurst in eine große Molle, die neben dem Hackblock (Hackpluck) stand, getan. „Schüllt de Vorderschinken ok mit in de Mettwust?“ –„ Ja, dat do man.“
Das übrige Fleisch kam zum Kochen in den großen Kessel, der über dem Feuer hing.
Klaus und Hinnerk mußten nun mit den Stoßmessern – in jeder Hand eines – das Fleisch und den Speck für die Mettwurst auf dem „Hackepluck“ zerkleinern. „Jungs, makt dat Mett man god fien, dat dat nich so lang natütt.“
Währenddessen saß Opa mit den Kindern in der Stube (Dönze) neben den „Bötoben“ und legte aus alten abgenutzten Reisigbesen (Rießbessen) die eigens für diese Zwecke auf der „Hille“ über den Viehställen aufbewahrt worden waren, Reiser zurecht, um aus diesen die Wurstpricken (Wustprüne) zu schnitzen.
Als Wurstgarn benutzte man das aus der Heede genommene Garn oder die beim Weden anfallenden Endfäden (Drömeln), welche die Kinder in Erwartung einer kleinen Extrawurst besonders fleißig auszupften.
War das Fleisch gar, wurde es für die verschiedenen Wurstsorten aufgeteilt. Die Magd mußte gekochtes Fleisch für die Sülze in Würfel schneiden, während die Wurstmachfrau das Mett würzte. Jeder musste schmecken, ob die Würze gut war. Dann wurde die Mettwurst mit dem Stoppkasten gestoppt und zum Trocknen aufgehängt, bis sie in den Rauch kommen konnte. Aber einen Teller voller Mett brachte die Bäuerin auf den Frühstückstisch, der Bauer stellte den Schnapsbuddel dazu.
In die Koch- oder Brägenwurst kam ebenfalls ungekochtes Fleisch, Brägen, Zwiebeln, Grütze und Gewürz.
Klaus und Hinnerk mußten wieder Fleisch hacken, und zwar diesmal das gekochte Fleisch, die Leber und den Bauchspeck für die Leberwurst, indessen die Frauen das Blut mit den Speckwürfeln und den „Greben“ – ausgebratenen Flomen – sowie dem nötigen Gewürz für die Blutwurst mengten.; für die Beutelwurt kam noch Roggenmehl und Wurstbrühe dazu. Gekochtes Fleisch vom Kopf und Magen war für die Sülze zurückgelegt worden. Nun konnte mit dem Stopfen wieder fortgefahren werden.
Die mit den „Wustprünen“ versehenen, gut zugebundenen Würste kamen in den großen Kessel, der wieder mit frischem Wasser aufgesetzt worden war. Es mußte beim Kochen gut aufgepaßt werden, daß die Würste nicht
platzten. Mit der Gabel wurde ab und zu probiert, ob sie schon gar waren.
War das der Fall, wurden die Würste mit dem durchlöcherten „Sleef“ herausgenommen und zum Trocknen auf Stroh ausgebreitet, um nachher unterm „Wiem“ geräuchert zu werden.
Was jetzt noch vom Schwein übrig geblieben war, wie gekochtes Fleisch, Speck und Schwarten, wurde gehackt und mit Grütze und Fleischbrühe als „Knipp“ gekocht, der, in Setten gefüllt, zum Erkalten gebracht wurde. In der Pfanne gebraten, zu Kartoffeln oder Schwarzbrot gegeben, war Knipp ein beliebtes schmackhaftes Gericht.
Dieselbe Masse mit noch etwas mehr Grütze kam in Weiden als Grützwurst. Die „Pinkelwurst“ mit viel Grütze, Fett, Pfeffer und Zwiebeln schmeckte besonders gut in braunem Kohl gekocht.
Das arbeitsreiche Tagewerk der Wurstmachefrau war beendet. Nachdem sie ihren bescheidenen Lohn empfangen hatte, zu dem die Bäuerin noch eine Leberwurst und etwas Knipp gab, machte sie sich für den Heimweg fertig.
„Na, dann kam god he nun kiek ins wedder rin. Na Lichtmeß woll’n wi denn woll de grote Soege slachten“. – Is god, Anna, seggt man to’r rechten Tied Bescheed.“
Wurstmachen bei Fam. Meyer in Dreye 1985 mit Schlachter Hans Meyer 51.
Der „Stoppkasten“ ist hier schon durch eine modernere „Wurst-maschine“ ersetzt.
Sonstige Hausschlachtungen in Weyhe
Eine „Wurstmaschine“, wie sie bei in Sudweyher Heide (Sudweyhe Nr. 80) verwendet wurde 52
Ergebnis des „Wurstmachens“ bei Heinrich Denker, Sudweyher Heide, um 1954: Einmachgläser mit Leberwurst, Blutwurst und Sülze stehen zum Einkochen bereit.53
Hausschlachtung 1974 an unbekanntem Ort 54
Hausschlachtung an unbekanntem Ort und zu unbekannter Zeit.55
Hausschlachtung an unbekanntem Ort und zu unbekannter Zeit.56
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Anmerkungen zur Schweinehaltung
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6.5.3.3 Schlachtereien
6.5.3.3.1 Schlachterei Schierenbeck, Leeste
Die Straße "An der Weide" zweigt von der Leester Straße ab. Hier an der Kreuzung stand einst das Geschäftshaus der Bäckerei Wiese. 1911 übernahm der Schlachter Albert Schierenbeck das Haus und richtete eine Schlachterei ein.
Leeste 188: Bäckerei Wiese; Albert Schierenbeck, wohnt: Zum Irrgarten 10 (hinter der Schlachterei); 1973: Fleischerei Schierenbeck, Hauptstraße 64; ab 1974: Leester Straße 94
Die Bäckerei Wiese um 1912. Auf dem Stuhl sitzt Frau Luise Schierenbeck (geb. Wehrmann). Daneben die Kinder Luise, Heinrich und Emma 57
Der Bäcker und Kolonialwarenhändler Heinrich Wiese baut um 1900 ein neues Geschäftshaus an der Leester Straße (Ecke an der Weide). Hier war im Ort Leeste ein kleines "Nebenzentrum" entstanden, mit der Gastwirtschaft Suhling (damals Gasthaus Drücker) und der Schmiede des Bauern Harms ("Smers-Hof"). Den Bahnhof, die Friedensgrotte und die Bushallen der Postbusse gab es damals noch nicht.
1910, mit Fertigstellung der neuen Bahn, kauft der aus Leeste stammende Hausschlachter Albert Schierenbeck das Geschäftshaus von Wiese 58 und richtet dort seinen Betrieb ein. Schierenbeck hatte von 1899 bis 1902 sein Handwerk in Brinkum in der Schlachterei Wilhelm Kastens (heute Tietz) gelernt. Nach seiner Wehrdienstzeit und den Wanderjahren heiratete er 1908 Luise Wehrmann, eine Tochter des Leester Ziegeleimeisters August Wehrmann. Sie stammte aus dem Lipperland und war mit den Ziegeleiarbeitern nach Weyhe gekommen.
Albert Schierenbeck richtet in der Bäckerei seinen Schlacht-Betrieb ein.
Albert Schierenbeck besteht 1919 seine Meister-prüfung. 59
1931 werden die Schlacht- und Arbeitsräume wesentlich vergrößert. Ein Kühlhaus wird angebaut: Ein fensterloser Raum aus dicken, mit Torf gedämmten Wänden, wird im Winter mit Natureis gefüllt, das bis in den Frühsommer hält. Hier wird dann das Fleisch gelagert. Das Natureis holt man mit Pferd und Wagen aus den vielen Leester Schlatts, insbesondere aus dem hinter dem Haus gelegenen Kastens-Moor (auch: "Wehrmanns-Moor). Hier verdienen sich die Leester Maurer etwas Geld hinzu, da sie im Winter ja im Beruf nicht arbeiten können. Das Kühlhaus kann oft bis in den Sommer hinein benutzt werden. Wegen der fehlenden Fenster riecht es im Kühlraum aber nicht immer frisch.60
Foto von 1930: 61 Albert Schierenbeck (links) und Sohn Albert (2.v.l.) Damals müssen die Schweine noch fett sein.
Albert Schierenbecks Sohn Heinrich (*1908) ist 1940 inzwischen ins Geschäft eingestiegen. Er wird 1940 zum Kriegsdienst eingezogen. Sein Vater, inzwischen 60 Jahre alt, hält die Stellung in der Leester Schlachterei. Zusammen mit seiner Frau Luise hält er den Betrieb aufrecht. Später werden ihm holländische Kriegsgefangene zugeteilt, die ihm beim Schlachten und der Wurstproduktion helfen. Es sind teilweise ausgebildete Schlachter. Täglich müssen Fleisch- und Wurstwaren zum Kirchweyher Bahnhof gebracht werden, wo sie zur Verpflegung der Bahnbediensteten gebraucht werden.
Anzeige 1940 62
1941 beim Brand des Hofes Harms und der Nachbarhäuser von Renneke-Kemna (Polley) und Müller
ist die Schlachterei nicht betroffen. Diese werden von Brandbomben getroffen. 1945 aber, bei den Kämpfen um die Einnahme Leestes durch die Engländer, wird auch Schierenbecks Haus beschädigt. Dabei wird auch Albert Schierenbeck sen. getötet.
Heinrich Schierenbeck kommt 1945 aus amerikanischer Gefangenschaft zurück. Mit seiner Frau Wilma geb. Bischoff aus Melchiorshausen und seiner Schwester Luise baut er das Geschäft wieder auf.
Schon vor dem 2. Weltkrieg hatte man Fleischwaren direkt nach Bremen zum Verkauf an die Haushalte gebracht. Das wird jetzt wieder aufgenommen. Während man anfangs die Ware per Pferdefuhrwerk nach Bremen gebracht hatte, wo sie an die einzelnen Haushalte gebracht wurden, wird das nach dem Krieg mit einem Lieferwagen der Marke Borgward erledigt.
Wie aus einem Bericht der Kreiszeitung hervorgeht, bringt Schierenbeck seine Wurst- und Fleischwaren in dieser Zeit zu insgesamt 27 Läden in Bremen – mit einem „Goliath“ Lieferwagen.63
Eintrag im Adressbuch für Leeste 1958: „Heinrich Schierenbeck, Schlachtermeister, Hauptstr. , 188“
Foto von 1963: 64 Heinrich Schierenbeck mit Enkeltochter Imke und seinen Schlachtergesellen.
Albert (*1937), der Sohn von Heinrich und Wilma, hatte im elterlichen Betrieb gelernt und führte ab 1973 in der dritten Generation den Betrieb. Mit seiner späteren Frau Helga, die aus Schlesien stammte und als Justizangestellte in Syke gearbeitet hatte, führte er erfolgreich das Geschäft.
Über die vor dem Haus verlaufende Kleinbahn kam auch ein Großteil der Schweine, die bei Schierenbecks geschlachtet wurde. Die Schweine wurden am Bahnhof gewogen und dann in die Stallungen von Schierenbecks gebracht. Dort konnten sie sich vom Transport-Stress erholen, bevor sie ihr Leben lassen mussten.
Die Adresse des Geschäfts ist zu diesem Zeitpunkt noch "Hauptstr. 64".65 Erst nach 1974, mit der Eingemeindung Leestes in die neue Gemeinde Weyhe, wird die Hauptstraße in Leester Straße umbenannt und das Geschäft erhält die Nr. 94.
[Foto von 1975: 66 Albert Schierenbeck (rechts) mit seinen angestellten Schlachtern in neuen Schlacht-räumen.
1982 wurde das Geschäftshaus erneut umgebaut und erhielt mit einem modernen Laden das heutige Aussehen.
1982: Fleischerei Schierenbeck mit v.l.: Wilma, Helga, Imke, Albert und Heinrich Schierenbeck 67
2000 setzen sich Albert und Helga Schierenbeck zur Ruhe. Sie übergeben das Geschäft an die Fleischerei Kleinschmidt, die aber 2007 das Schlachten ganz einstellt. Bis 2004 wird noch in den Räumen an der Leester Straße geschlachtet.
Harald und Maike Horstmann führen jetzt den Betrieb weiter bis zum 100-jährigen Jubiläum im April 2011. 68
[Foto von 2011 W.Meyer Krsz]
2011 feiert die Schlachterei ihr hundertjähriges Jubiläum.
6.5.3.3.2 Schlachterei Horstmann, Leeste
Schlachterei Horstmann: 69
Die Leester Fleischerei feiert ab Montag 100-jähriges Bestehen / Seit 2005
leitet Ehepaar Horstmann die Geschicke
„Am 16. November 2005 erfüllten sich Meike und ihr Mann Harald ihren ganz persönlichen Traum: Sie übernahmen die traditionsreiche Fleischerei Schierenbeck in Leeste. Es war eine aufregende Zeit damals, erinnert sich Meike Horstmann. Aber Angst hätten sie nicht gehabt. "Schließlich wussten wir, dass das ein gut
laufendes Geschäft ist", erklärt die 45-Jährige, die früher bereits eine Zeit lang in der Fleischerei an der Leester Straße gearbeitet hatte.
Vor 23 Jahren haben sie geheiratet; er aus Jeebel, sie aus Dreye; er Fleischer, sie Fleischfachverkäuferin. Was lag da näher, als sich irgendwann selbstständig zu machen? Gesagt, getan. Eine eigene Note verliehen sie ihrem Geschäft auch gleich. "Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, dass wir 95 Prozent unserer Produkte selbst herstellen", verrät Meike Horstmann. Alles - außer Schinken. Denn der benötigt eine sogenannte Reifeanlage. Ein ziemlich teurer Spaß. Und darum beziehen die Horstmanns ihren Schinken von einem Lieferanten. Aber sonst wird alles selbstgemacht, mehr noch: Harald Horstmann kennt sogar alle Bauern, von denen die Schweine und Rinder bezogen werden, noch persönlich. "Die Tiere kommen alle aus unserer Region", versichert Meike Horstmann.
Um vier Uhr morgens geht es los Ein ganz normaler Arbeitstag beginnt in der Fleischerei Horstmann um vier Uhr morgens. Dann steht Harald Horstmann auf, frühstückt und macht sich an die Arbeit. "Erst werden Hackepeter und Mett produziert, damit die auch richtig schön frisch sind", erzählt seine Frau. Sie selbst beginnt nach dem Frühstück den Tresen einzuräumen, denn pünktlich um 6 Uhr wird das Geschäft aufgeschlossen.
"Und gegen 6.30 Uhr kommen schon die ersten Stammkunden", sagt Meike Horstmann. Ehemann Harald macht sich mittlerweile daran, Wurst herzustellen. Nach Feierabend ist trotz der ganzen Fleischbeschau der Appetit keineswegs verflogen. "Mein Mann isst abends meist noch warm. Und dann meist auch noch ein bisschen Fleisch", erzählt die 45-Jährige schmunzelnd. Vegetarier? Klar, kennt sie. Allerdings nur vom Hörensagen. Um einen Vegetarier zum Fleischgenuss zu verführen, würde die Expertin richtig auftischen. "Ein Steak. Mit Kräuterbutter und Kartoffelecken. Oder Kroketten." 70
„Weyhe-Leeste. In einer Zeit, in der andere Unternehmen in gefühlt einer Woche vom selbsternannten Weltmarktführer direkt in die Insolvenz segeln, sind 100 Jahre eine kleine Sensation. In Leeste feiert eine Fleischerei ab Montag, 11. April, ihr 100-jähriges Bestehen am immer gleichen Standort. Die Fleischerei. Gegründet wurde das Unternehmen von Schlachtermeister Albert Schierenbeck, heute leiten Meike und Harald
Horstmann die Geschicke in der Leester Straße 94. Und die beiden haben noch Pläne. Pläne für die Zukunft.
Von NILS HARTUNG
Nun ist der Appetit auf Fleisch in den vergangenen Jahren in Deutschland ja nicht unbedingt gewachsen. Dioxin, BSE, Schweinepest - alles keine besonders guten Argumente für Carnivore. Doch bei Horstmanns scheint die Krise überstanden. Auch dank des Vertrauensvorschusses. "Unsere Kunden wissen, dass das Fleisch aus der Gegend kommt. Dazu können wir die Leute natürlich auch ganz anders beraten als beispielsweise im Supermarkt. Und wenn das Steak oder die Bratwurst bei uns gekauft wurde, hört man danach immer wieder, Euer Fleisch ist wirklich besser!'", betont die Fleischfachverkäuferin. Die Qualität ist das Pfund, mit dem sie wuchern.
Ein Problem ist allerdings - wie überall - der Nachwuchs. Denn junge Menschen haben gewisse Schwellenängste, eine Fleischerei überhaupt zu betreten, weiß Meike Horstmann. "Wenn die das gar nicht kennen, ist es schwer, jüngere Menschen zu überzeugen. Doch wir machen Fortschritte, gerade bei den 30- bis
40-Jährigen", erzählt sie. Grillfeten sind wieder im Kommen, dazu bieten die Leester Fleischer einen Partyservice an. Und nicht nur das, auch einen Hofladen beliefern die Horstmanns. "Wir wollen auch in Zukunft weiter expandieren und uns nicht ausruhen." Da spricht schon die Betriebswirtin: Ab September darf sich Meike Horstmann so nennen.
Der alte Chef, Albert Schierenbeck, der Enkel des Gründers, schaut übrigens auch immer noch mal vorbei, um in seinem früheren Laden nach dem Rechten zu sehen. "Er kauft hier auch ein", versichert die Nachfolgerin. Und dann wird kräftig gefachsimpelt. Über Fleisch und Wurst und Salat. Und über die alten Zeiten. Als Tradition noch an der Tagesordnung war. Und bis heute manchmal auch noch ist. Hier darf's ein bisschen mehr sein“ 71
6.5.3.3.4 Fleischerei Rauer, Kirchweyhe
Kirchweyhe, Bahnhofstraße 48
Die Geschichte begann im Jahre 1900, als Fleischermeister Franz Rauer in Weigelsdorf (Schlesien) eine Fleischerei eröffnete.
Der aus dieser Familie stammende Reinhold Rauer, ebenfalls Fleischermeister, pachtete im Jahre 1927 in Silberberg (Schlesien) eine bestehende Fleischerei, die er 1930 käuflich erwarb. 1932 wurde dieses Gebäude bis auf die Kellerdecke abgerissen und auf 3 Stockwerke wieder aufgestockt.
Aus der Familie von Reinhold gingen 4 Kinder hervor u. a. auch Hubert Rauer, zu ihm später mehr. Durch das Kriegsgeschehen wurde die Familie im April 1946 aus Silberberg vertrieben und über viele Umwege nach Barrien verschlagen.
Nachdem Vater und Sohn (Reinhold u. Hubert) zunächst bei der Fleischerei Hermann Weiß in Melchiorshausen gearbeitet haben (dort lernte Hubert auch seine spätere Ehefrau kennen), eröffnete Reinhold Rauer am 27.09.1952 in Lahausen eine neue Fleischerei, die er bis Ende 1959 mit Hilfe von Hubert, Schwiegertochter Elvira und Tochter Bärbel führte. Im Januar 1960 übergab er aus Altersgründen an Hubert, der seit 1957 ebenfalls Fleischermeister war.
Bedingt durch räumliche Einschränkungen am Standort Am Meyerkamp / An der Brake und dem Wunsch nach betrieblicher Expansion wurde 1962 das Grundstück in Lahausen, Asternweg 2 gekauft. Im Jahr darauf wurde mit dem Bau der neuen Fleischerei begonnen. Am 26. Mai 1962 wurde der Neubau bezogen und der Laden eröffnet.
Aus der Ehe von Hubert und Elvira gingen die Söhne Dietmar und Detlef hervor. Detlef erlernte ebenfalls das Fleischerhandwerk. Durch häufigen Wechsel der Arbeitsstellen und den Besuch der Meisterschule in Hamburg erwarb er zusätzliches Wissen, welches er am Tage seiner Meisterprüfung(01.06.1981) gut gebrauchen konnte.
1982 ist Detlef in den familiären Betrieb eingetreten. Am 01.10.1983 wurde von ihm in Kirchweyhe ein Geschäft in einer Ladenzeile erworben und auch gleich mit dem Umbau begonnen. 4 Wochen später am 01.11.1983 fand die Eröffnung der Fleischerei Detlef Rauer GmbH statt. Mittlerweile schon in der 4. Generation
Am 01.01.1988 wurde der Betrieb im Asternweg vom Vater an den Sohn und heutigen Inhaber Detlef Rauer abgegeben, wo er bis heute wohnt und arbeitet. Mittlerweile schon in der 4. Generation.72
Zum 1.2.2022 geht Detlef Rauer (* 1939) in den Ruhestand. Die Fleischerei Behrens in Twistringen wird das Geschäft mit den 12 Angestellten übernehmen. Bis zum 31.12.21 werden zum letzten Mal die schlesischen Weißwürste, eine Spezialität Rauers, verkauft.
Fleischermeister Detlef Rauer 2014 mit Schlesischen Weißwürsten
[Foto: Weser-Kurier 6.2.2014 M Jühdes ]
Das Verkaufsteam 2015 im Laden an der Bahnhofstraße: v.l. Brigitte Gries, Brigitte Wiechmann, Christina Hüneke, Brigitta Haake
[Foto: Weser-Kurier 29.11.2015]
6.5.3.3.5 Ross-Schlachterei Langnau
Ross-Schlachterei Langnau GmbH
Seckenhauser Str. 1, Weyhe-Erichshof
Langnau hat eine Filiale in Kirchweyhe.
Langnau kaufte 2005 die Schlachterei Weiß in Melchiorshausen und richtete dort einen Wursthandel ein. 2013 verkaufte er das Geschäft jedoch wieder.
6.5.3.3.6 Schlachter Weiß
Lage: Fleischerei Hermann Weiß, Melchiorshausen 140 (alte Nr.) , Syker Str. 57;
Außenansicht des Verkaufsladens in Melchiorshausen
Die Fleischerei Weiß versorgte bis zum Tod des Inhabers Hermann Weiß jun. im Jahr 2005 die Melchiorshauser und andere Weyher und Syker mit Fleisch und Partyservice. Hermann Weiß sen., geb. 1908 hat die Schlachterei in den 1930-er Jahren gegründet. Sein Sohn Hermann jun. hat die Schlachterei später übernommen. Nach dessen Tod wurde das Gebäude verkauft an die Fleischerei von Friedel Langnau. Dieser gab aber nach ca. 5 Jahren den Laden wieder auf und verkaufte ihn 2013 weiter. Andreas Baden richtete dann den „Dorfgrill“ Imbiss ein.
Hermann Weiß sen. absolvierte nach seiner Schulzeit eine Fleischerlehre in einem Bremer Betrieb. 1932 heiratete er Meta Thöle. Seine Frau war nach der Schule in mehreren Haushalten in Brinkum und Bremen tätig. Dort haben sich die beiden kennengelernt. 1933 sind die Eheleute Weiß von Kirchweyhe nach Melchiorshausen gezogen.
1935 legte Hermann die Prüfung als Schlachtermeister ab. Er arbeitet in dem Lehrbetrieb mehr als 10 Jahre.73
Am 1.4.1934 war schon die Schlachterei in Melchiorshausen eröffnet worden. Die Fleischwaren wurden anfangs auch mit dem Fahrrad und später mit dem Dreirad-Goliath ausgefahren.
Während der Kriegsjahre musste das Geschäft geschlossen werden. Nach Rückkehr aus der Gefangenschaft in 1946 begann erneut der Firmenaufbau.
Die Schlachterei war überwiegend ein Familienbetrieb: Da die Familie 7 Kinder hatte, waren immer einige von ihnen im Laden oder im Party-Service eingesetzt. Es halfen aber dort wie auch in der Zerlege- und Wurstküche einige fest angestellte Fachkräfte.
Hermanns Tochter Gisela heiratete den Schlachter Johannes Grammel, der bis in die 60er Jahre bei Weiß angestellt war und auch viele Hausschlachtungen in Melchiorshausen und Ristedt vornahm.74 Gisela bediente im Laden, wie auch ihre Schwester Ursel.
Der Schlachterladen in den Anfangsjahren 75
1950er Jahre:
1958 ist „Hermann Weiß, Schlachter, Syker Landstr. 140“ im Leester Adressbuch eingetragen.
Innenansicht des Fleischerladens in den 1950er Jahren. Gisela Weiß (links) mit ihrer Schwester Ursel hinter der Wurst-Theke.
In Syke, in der Bassumer Straße, wurde eine Filiale eröffnet.
Schaufenster der „Verkaufsstelle“ des Schlachters Hermann Weiß in Syke (1950er Jahre). [Fotos Jürgen Grammel]
Die Syker Verkaufsstelle in der Bassumer Str. im Jahre 2021.
Auch in Brinkum wurde 1983 eine Filiale im Kaufhaus C.H. Peters eröffnet.76
Hermann Weiß sen. mit einem jungen Rind (1950er Jahre). Links sein Sohn Manfred.
1960er Jahre:
Die Schlachterei war wegen ihrer schmackhaften Wurstwaren bekannt.
In den 1960er Jahren gelten fette Schweine noch als das Mastziel
Jürgen Grammel auf dem Hof der Schlachterei, die seinem Großvater Hermann Weiß sen. gehört.
Luftbild der Schlachterei aus den 1950er Jahren. Vorne die heutige Straße „Zur Böttcherei“. Oben im Hintergrund die Syker Straße (B6).
Während das Haus und der hintere Anbau heute noch stehen, ist auf der Seite „Zur Böttcherei“ der Baum und der damalige Anbau durch einen größeren verklinkerten Anbau ersetzt worden, der die Wurstküche aufnahm. 1977 wurde damit der Betrieb vergrößert und modernisiert.
1984 feiert die Schlachterei 50-jähriges Bestehen. Im Südecho erscheint ein ganzseitiger Artikel mit den damaligen Akteuren:
Familie Weiß vor dem Schlachterladen in Melchiorshausen
Hermann Weiß sen. hat bis 1984 im Laufe der Jahre viele Lehrlinge mit Erfolg ausgebildet. Sohn Rainer hat ebenfalls eine Fleischer-Lehre absolviert. Seit 1980 ist auch seine Frau Britta ist als gelernte Fachfrau im Geschäft tätig und sorgt für Kundenbeziehung und Service. Die Mutter versorgt währenddessen den Haushalt.77
Der Schlachterladen an der B6 um 1984. 78
Der Partyservice hatte einen hervorragenden Ruf und wurde gut angenommen.
1989: Anzeige in der Broschüre zur Sportwoche des TSV Melchiorshausen
Ende der 80er Jahre wird auch die Filiale in Syke (Hauptstraße) noch betrieben.
Als die Supermärkte den Fleischereien die Kunden wegnehmen, verlegt sich Weiß auf Eintopf-Gerichte und den Partyservice. Der wird in der Hauptsache von Britta Weiß, Ursel Becker und weiteren Familienmitgliedern bewerkstelligt.
2003: Werbung für den angeschlossenen Party-Service der Schlachterei in der Festschrift des Schützenvereins Leeste zum 100 jährigen Jubiläum des Vereins.
Nach dem Tod des Schlachtermeister Hermann Weiß jr. im Jahr 2005 wird die Schlachterei verkauft an Friedel Langnau.79 Der gibt nach ein paar Jahren den Wursthandel an diesem Standort wieder auf. Hermanns Witwe Britta Weiß findet eine Anstellung bei der Fleischerei Barning.
Um 2013 ist an der Syker Str. 57 ein Imbiss ("Dorfgrill") eingezogen. Im November 2016 kommt es bei der Öffnung einer Gasflasche zu einer Stichflamme mit Verbrennungen des Betreibers. Außerdem brennt der gesamte Gastraum bis zum ersten Stock aus. Das Betreiber-Paar überlebt mit leichten bzw. schweren Verletzungen. Seitdem steht das Haus leer.
Die Feuerwehr Barrien stellt ein Foto zu dem Brand ins Internet. 80
Bewohner und Eigentümer 81
Melchiorshausen 140
Anbauer Johann Weiß heute Syker Straße 57
1908 neu errichtet: Johann Weiß * 18.02.1883 + 26.09.1916 Füsilier in Hannover
Johann Weiß * 18.02.1883 + 26.09.1916 Maurer, Melchiorshausen
Elise Gebke Siemer * 05.04.1884 + 19.09.1927 OO 04.03.1906
Kinder: Gesine Anna * 19.07.1906 + 06.07.1910
Hermann * 07.12.1908 + 12.04.1988
Friedrich
1911 Johann Weiß Anbauer
1927 Weiß, Elise, Wwe; Eggers, Heinr., Malermeister
1932 Hermann Weiß * 07.12.1908, Schlachtermeister
Meta Magdalena Thöle *27.3.1911 OO 08.10.1932
1934, 1940 Schlachter Hermann Weiß
1952 Weiß, Herm., Schlachtermeister; Hüsing, Erich, Schuhmacher; Ratajak, Karoline;
Vosshenrich, Otto. Arbeiter
1959 Weiß, Herm., Schlachtermstr; Grammel, Johs.. Fleisch.
1970 Hermann Weiß, Eigentümer
1974 Hermann Weiß sen. - Hermann Weiß jun. - Manfred Weiß
2000 Hermann Weiß Fleisch- und Wurstwaren
2008 Langnau, Friedel, Handel mit Fleisch- und Wurstwaren
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6.5.3.3.7 Schlachter Kleinschmidt, Leeste
1891 erhielt der Schlachter August Kleinschmidt zu Leeste die Konzession für eine Schlachterei neben dem Wohnhaus Nr. 35b; Er pachtete ein Nebengebäude der Gastwirtschaft Busch (später Amelung) und richtete dort die Schlachterei ein.
Im Jahre 1895 erfolgt die Verlegung des Geschäfts in das Haus Leeste Nr. 6 (Kaufhaus Dunkhase) an der Leester Str. (Damals Hauptstraße). Damit ist die alte Stelle von Dunkhase gemeint (vor dem Tausch mit der Meinken-Stelle). Das Nebengebäude stand da, wo später das Reformhaus eingerichtet war.
1899 wird die Schlachterei in das neue Wohnhaus Leeste 184 (später: Alte Poststr. 3) verlegt. Auch ein Eiskeller wird mit eingebaut, in dem das Fleisch mit Natureis gekühlt werden kann. August Kleinschmidt und seine Frau Anna geb. Iden ziehen 1899 in das Haus und betreiben die Schlachterei und den Laden. Aus der Ehe gehen 10 Kinder hervor. Von den 5 Söhnen fällt einer im Ersten Weltkrieg, die anderen erlernen den Schlachterberuf.
1900: Schlachterei August Kleinschmidt an der Alten Poststraße 82
1917 Hermann Kleinschmidt besteht Gesellenprüfung als Schlachter.
1920 wird dem Ehrenhauptmann August Kleinschmidt sen. die Ehrenurkunde der Feuerwehr verliehen.
Der zweitälteste Sohn Heinrich übernimmt den väterlichen Betrieb nach dem Tod des Vaters im Jahr 1922, zusammen mit seiner Frau Dora geb. Mohrmann.
1950 verstirbt der Obermeister der Fleischerinnung, Fleischermeister August Kleinschmidt jun. im Alter von 58 Jahren.
Brinkumer Anzeiger 23.2.1950
Im selben Jahr 1950 beantragt der Schlachtermeister Heinrich Kleinschmidt den Neubau eines Schlacht-hauses an der Alten Poststraße.
Syker Zeitung v. 12.9.1899
Heinrichs Sohn Herbert pachtet 1964 den elterlichen Betrieb. Im darauf folgenden Jahr stirbt Heinrich Kleinschmidt, und seine Witwe Dora führt den Betrieb, bis ihr Sohn Herbert dann den Betrieb vollständig im Jahr 1971 übernimmt.
1977 stirbt auch Herbert, der mit Marianne Oetcker verheiratet war. Aus dieser Ehe gingen 2 Kinder hervor: Sohn Klaus übernimmt 1981 den Betrieb und führt zusammen mit seiner Frau Angela die Schlachterei und den Partyservice.
1991 besteht der Betrieb 100 Jahre und hat zu der Zeit 9 Mitarbeiter: 3 in der Verarbeitung (Zerlegung, Wurstproduktion), die anderen im Verkauf.83
1971 Auf einem Luftfoto vom Leester Ortskern ist auch die Schlachterei Kleinschmidt (neben der Mühle von HeinrichLandwehr) festgehalten.
1991(Kreiszeitung )
1991 wird das 100-jährige Jubiläum gefeiert. Inhaber ist Klaus Kleinschmidt, der Ur-Enkel des Firmengründers.
Marianne Kleinschmidt betreibt in den Räumen der Schlachterei seit 2007 den "Bremer Buffet Catering" Service, zusammen mit Cindy Levkovsky.
Nach 2000 wird zunächst die Fleischerei Schierenbeck in Leeste übernommen. Bis 2004 wird dort noch geschlachtet, dann aber wird an die Schlachterei Horstmann verkauft.84 2007 werden das Schlachten und der Fleischverkauf ganz eingestellt. Für die Familie Kleinschmidt bleibt nur noch der Catering-Service.
Bewohner und Eigentümer: Leeste 184 – Alte Poststr. 3
1899 Schlachter Kleinschmidt, August; neu errichtet mit Eiskeller;
1907 Kleinschmidt, August, Schlachter
1925 Schlachtermeister Kleinschmidt, Heinrich
1927 Kleinschmidt, Anna, Witwe
1940 Kleinschmidt, Heinrich, Schlachter
1952 Kleinschmidt, Heinr., Schlachtermstr
1959 Kleinschmidt, Heinr., Schlachtermstr; Kleinschmidt, Herb., Schlachter.
1970 Kleinschmidt, Dora (Eigentümerin)
1974 Kleinschmidt, Herbert; Kleinschmidt, Dorothee
2000 Kleinschmidt, Klaus; Kleinschmidt, Marianne
2016 Kleinschmidt, Klaus; Kleinschmidt, Marianne
6.5.3.3.8 Fleischerei Barning, Kirchweyhe
1950 war die Gründung durch Alfred Barning. In der Nachkriegszeit geht das Geschäft sehr gut: es wird viel Wurst und Fleisch gegessen. Jeder hat ein Schwein im Stall, Hühner, Kaninchen, Enten werden noch selbst gezüchtet/gehalten. Sie alle müssen geschlachtet werden.
Alfred Barning hat einen Verkaufsladen in Dreye. Es ist und bleibt Tradition: Beim Einkauf bekommen Kinder immer ein Stück Fleischwurst
Die Schlachterei in Kirchweyhe an der Dorfstraße wird mehrfach erweitert. Nach dem Tod der Gattin und dem Wegzug der Tochter sowie dem Erreichen der Altersgrenze verpachtet Alfred Barning die Schlachterei. 2001 wird sie von Sven Helms übernommen
2004 ist sie ökozertifiziert: Das Fleisch hat Bioqualität, und auch andere Bioprodukte werden angeboten.
Dennoch geht der Absatz geht zurück, wegen der Konkurrenz der Discounter-Läden. Schließlich muss der Verkaufsladen in Dreye geschlossen werden, um die Kosten niedrig zu halten.
Sven Helms entwickelt neue Ideen:
2017 ist Barning die einzige Schlachterei Weyhes, die noch selbst schlachtet. Barnings Nachbar, der Landwirt Töbelmann, übernimmt schließlich auch die Fleischerei. Geschlachtet wird heute bei Pleuß in Seckenhausen (wegen der Auflagen)
Barning bietet weiterhin:
Die Fleischerei Barning im Jahr 2021
[Foto: P. Athmann]
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Zurück zu 6.5 Schweinezucht und Schweinemast
Anmerkungen zur Schweinehaltung
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6.5.3.4 Großschlachtereien
Das Schlachtvieh von Weyhe ging in den Boom-Zeiten der Schweinemast hauptsächlich an Großschlachtereien in Bremen, Hoya, Hannover, Berlin und im Ruhrgebiet.
Viele Schweine wurden über den Viehhändler Kruse und über andere Viehhändler ins Ruhrgebiet geliefert.
Der Leester „Schweinebaron“ Johann Warneke lieferte seine schlachtreifen Schweine hauptsächlich an den Bremer Schlachthof.
Der Viehhändler Paul Guse hatte Verbindungen zu Schlachthöfen in Berlin. Er brachte die Schweine per eigenem Viehtransporter in den zur Bundesrepublik gehörenden Westteil der Stadt und leistete so einen Beitrag zur Versorgung der Berliner Einwohner.
Geschlachtete Schweine am 16.11.1903 im Bremer Schlachthof
19.11.1903 Brinkumer Zeitung
6.5.3.5 Schweineverladungen am Kirchweyher und Leester Bahnhof
Im Jahre 1900 liefern die Brinkumer jährlich 5500 Schweine an den Bremer Schlachthof. Sudweyhe lieferte 1905 jährlich 4714 Schweine, 1910 jährlich 5178 Schweine ins Ruhrgebiet.
In der Zeit zwischen 1875 und 1950 war die Bahn das Hauptverkehrsmittel für die Schweinetransporte. Nach der Anbindung der Kleinbahn an den Kirchweyher Bahnhof konnte das Schlachtvieh auch in Leeste in Viehwaggons der Bahn verladen werden. Dazu wurden am Leester Bahnhof Stallungen gebaut und eine öffentliche Viehwaage aufgestellt. Diese Einrichtungen wurden hauptsächlich für Schweine genutzt.
Auch die Kleinbahn wurde ausgiebig genutzt, um die Schweine zum Schlachthof zu bringen – jedenfalls zu den Zeiten, als es noch kaum Viehtransport-LKWs gab.
Vieh-Waage
In Leeste gab es am Bahnhof eine öffentliche Viehwaage. Sie befand sich im Eingangsbereich der Schweinestallungen („Schuppen“) an der Ladestraße.
Die Viehwaage 2019 (vor dem Abriss). Im Hintergrund die ehemalige Mühle von Johann Warneke.86
Die Waage befand sich am Eingang zu den Viehschuppen.
Beeidigter Wäger:
bis 1985: Hermann Cordes, Hagener Str. 66
1985-1996: Heiner Wetjen (Hüsens)
Foto: Nils Wetjen
1952 ist Wilhelm Rieke mit der Berufsbezeichnung “Wäger” im Adressbuch der Gemeinde Leeste verzeichnet (Hausstelle Leeste 120 – heute Köhlerbruch 6). Vermutlich war er zu dieser Zeit als beeidigter Wäger am Bahnhof Leeste tätig (noch zu recherchieren)
Eine Viehwaage ist auch beim nahgelegenen Gastwirt Drücker-Suhling (Bahnhofshotel) vorhanden. Die soll wohl die Kunden in die Gastwirtschaft locken, in der dann die Abrechnungen der Viehhändler mit den Landwirten stattfinden. Und ein erfolgreiches Geschäft muss doch „begossen“ werden …
Schweineschuppen
Das Luftbild von 2019 zeigt den „Schweineschuppen“ aus der Luft –zwischen Gleisen und Ladestraße, neben dem Futterwerk von Warneke. Der Schuppen wie auch das Futterwerk sind im selben Jahr abgerissen worden.
Die Schuppen an der Ladestraße 2019 kurz vor dem Abriss
Das Luftbild von 2019 zeigt den „Schweineschuppen“ aus der Luft –zwischen Gleisen und Ladestraße, neben dem Futterwerk von Warneke. Der Schuppen wie auch das Futterwerk sind im selben Jahr abgerissen worden.
Die Schweine wurden im Schuppen an der Ladestraße gesammelt, gewogen und zum Verkauf verhandelt.
Nachdem sie verkauft waren, trieb sie der Viehhändler in die Waggons, die dann nach Kirchweyhe gebracht wurden, um dort in Züge zum Ruhrgebiet oder nach Hannover integriert zu werden.
Die Verladung der Schweine wird in Leeste ähnlich ausgesehen haben wie am Kirchweyher Bahnhof.
Folgende Viehhändler verluden ihre Schweine am Leester Bahnhof:
Schweineverladung am Kirchweyher Bahnhof
1940er Jahre: Auf dem ersten Foto steht links der Viehhändler, daneben der Vater von K.H. Ahrens aus Leeste
Die Bauern lieferten über ihre Viehhändler ihre Rinder, Kälber und vor allem Schweine zum Bahnhof. Von hieraus transportierten meist zweistöckige Viehwagen die Tiere zu den Schlachthöfen in Bremen und im Ruhrgebiet.
Die Gaststätten von Ernst Koch und Hermann Oetjen (jetzt Kirchweyher Hof) hatten sich auf diesen Markt logistisch, wie man heute sagen würde, eingestellt. Dort saßen Viehhändler und Bauern zusammen, machten ihre Geschäfte und tranken den einen oder anderen Schnaps darauf.
Bei Oetjen gab es auch Stallungen für die Schweine. Sie sind auf dem Luftbild von 1971 noch erhalten, allerdings schon zu Wohnungen und Garagen umgebaut. Außerdem hatte Oetjen eine Fahrzeugwaage, die er in einer Anzeige im Adressbuch von 1952 anpreist.
Die Viehwagen der Bahn und die Stallungen nahmen die Tiere vorübergehend auf, bevor sie über die Straße zur Verladerampe der Bahn getrieben wurden.
Fette Schweine, die heute kein Schlachter mehr abnehmen würde – reger Betrieb auf der Verladerampe am Kirchweyher Bahnhof um 1930. Links der Viehhändler Heinrich Arndt, ganz rechts sein Bruder August.87
Verladung von Schweinen des Bauern Ahrens (Schulte) am Kirchweyher Bahnhof in den 1940er Jahren
[Fotos (2): Fam. Ahrens / Repro: W.Polley]
Der frühere Gastwirt Ernst Koch erinnerte sich später gut an heikle Situationen beim Überqueren der Schienen bei der Schranke. Einige Male verliefen sich Schweine auf den Bahnsteig und mussten mühsam wieder eingefangen werden. “Doch kein Schwein wurde überfahren, alle kamen ordnungsgemäß zum Schlachter” berichtete er damals schmunzelnd.”88
Ein Bericht des Allgemeinen Anzeigers vom 29.November 1927 greift den Schweinehandel aus einem besonderen Grund auf: 'Der Schweineabnahmebetrieb hat bei den hiesigen Abnahmestellen am Bahnhof einen Umfang angenommen, wie vielleicht nie zuvor. Über 100 Fuhrwerke konnten am Sonnabend gegen 9 Uhr gezählt werden, die sämtlich mit mehr oder weniger schweren Borstentieren geladen waren. Dieses Überangebot ist lediglich eine Begleiterscheinung der in letzter Zeit wieder aufgetretenen Maul- und Klauenseuche; denn es ist doch immerhin besser die Tiere rechtzeitig zu veräußern, als schließlich eingehen zu lassen.' "89
Viehwagen (im Vordergrund) am Kirchweyher Bahnhof – um 1955 90. Sie stehen auf den Gleisen der Kleinbahn.
6.5.3.6 Kirchweyher und Brinkumer Schweinemärkte
Im Jahre 1897 beschließt der Kirchweyher Gemeinde-Ausschuss, monatlich einen Schweinemarkt abzuhalten. Den Platz stellte Heinrich Koch am Kirchweyher Bahnhof zur Verfügung
.
Schon 1902 wird der Monats-Schweinemarkt in Kirchweyhe wieder aufgehoben. Der Brinkumer Wochen-Schweinemarkt hat dagegen an Bedeutung gewonnen und hat ein größeres Absatzgebiet.91
19.11.1903 Brinkumer Zeitung
Im Kreis Syke gibt es 1910 ca. 33 Schweine je Hof, 26 je Haushalt.
1910 bricht die Schweinepest im Kreis Syke aus und wütet bis 1911. Vorher gab es 20000 Schweine in Brinkum, danach noch 4000.
1909 beschließt der Gemeindeausschuss von Brinkum den Bau einer Markthalle. Nach dem Ausbruch der Schweinepest gibt es für Schweinemärkte neue Auflagen. So muss jeder Platz einen festen Boden haben. 1911 wird mit dem Bau begonnen und im März 1912 ist Richtfest.92
Die Halle stand gerade mal 11 Jahre, dann wurde sie abgerissen. 1921 hatte die Gemeinde den Markt privatisiert, wollte an den Einnahmen aber beteiligt werden. Das Grundstück gehörte aber dem Wirt Gefken, der gegen den Verkauf klagte. Als Gefken den Prozess gewann, verkaufte der neue Eigentümer den Markt auf Abbruch. Der Abriss erfolgte 1923. 93
Die Halle enthielt 400 Schweinebuchten für etwa 1700 Ferkel und Schweine. 94
Die fertige Halle (vermutlich kurz nach Fertigstellung im Jahre 1912) 95
6.5.3.7 Lagerung von Fleisch
Das nach dem Schlachten nicht verwurstete Fleisch musste für eine gewisse Zeit gelagert werden, damit die Ernährung der Arbeitskräfte auf dem Hof sicher gestellt werden konnte. Verglichen mit heute, waren die Mittel der Kühlung und Haltbarmachung bis zur Elektrifizierung gering
Eiskeller
Schierenbeck hatte einen Anbau mit dicken Torfwänden. Im Winter wurde im nahen Kastensmoor Eis
„gestochen“: Maurer, die keine Arbeit hatten, halfen, das Eis auf Pferdewagen zu laden und in den
Eiskeller zu bringen.
Im Eiskeller gelagertes Fleisch hielt sich nur eine begrenzte Zeit. Zudem war der Eiskeller auch nur in
den Wintermonaten nach dem Auftreten von Natureis auf den Gewässern und bis zur Schmelze des
Eises nutzbar
Verwurstung, Pökel-Fleisch
Fleisch in der Wurst hielt sich länger, da die Wurstpelle luftdicht abschloss. Auch in Salz eingelegtes,
„gepökeltes“ Fleisch konnte man eine Zeitlang aufbewahren.
Räuchern
Das Räuchern von Fleisch macht dieses ebenfalls länger haltbar. Dazu waren in den
Niedersachsenhäusern nahe dem Rauchabzug Vorrichtungen zum Aufhängen von Würsten und
Schinken vorgesehen. Auch eine „Räucherkammer“ war in einigen Häusern vorhanden.
Gemeinschaftliche Kühlhäuser
Auch nach der Erfindung des elektrischen Stroms dauerte es einige Zeit, bis Kältepumpen erfunden
waren. Und auch danach konnte sich nicht jeder Haushalt eine solche leisten. Daher wurden ab den
1950er Jahren Gemeinschafts-Gefrierhäuser / Kühlhäuser eingerichtet.
In Leeste wurde das ehemalige Kaufhaus Rose, später Wehrenberg (heute „Korinth“), als Kühlhaus
eingerichtet: In den 1950er und 60er Jahren war im Kaufhaus Wehrenberg eine Gefrieranlage installiert,
die von vielen Leestern genutzt wurde.
Tiefkühltruhe
Als in den 1970er und 1980er Jahren die Heimkühltruhen immer erschwinglicher wurden, standen viele
Gefriergemeinschaften vor dem Aus, obwohl die Stromkosten einer Gemeinschaftsanlage oft viel
günstiger sind. Auch die geänderten Ernährungsgewohnheiten spielten eine Rolle: Durch die Abnahme
der früher üblichen Hausschlachtungen und den zurückgehenden Gemüseanbau im eigenen Garten
selbst in ländlichen Gebieten fielen in den einzelnen Haushalten nur noch geringere Mengen Gefriergut an.
Heute hat jeder Haushalt zumindest ein Gefrierfach im Kühlschrank, oder eine oder mehrere
Gefriertruhen / Gefrierschränke zur Lagerung tiefgefrorener Nahrungsmittel. Meist sind diese soweit
vorbehandelt, dass man sie nur noch kurz aufkochen oder anbraten muss, und man hat ohne viel Mühe
eine fertige Mahlzeit.
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6.5.4 Seuchensteuer und Schweineversicherungen
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6.5 Schweinezucht und Schweinemast
Anmerkungen zur Schweinehaltung